Preußen und der norddeutsche Bund. 175
mit ihren deutschen Verbündeten und dem norddeutschen Bunde, dem Se. k.
Hoheit beigetreten ist, sie sich mit dem Geiste des Bundesvertrages nicht in
Einklang befinde, wobei wir dahin gestellt sein lassen, ob dieses Verfahren
und die Consequenzen desselben sich mit dem Wortlaute der Bundesverfassung
in Einklang bringen lassen.“
25. , (Coburg-Gotha). Eröffnung des gemeinsamen Landtags. Die
Regierung macht demselben eine Vorlage für vollständige Vereinigung
der beiden Herzogthümer, die u. a. damit motivirt wird,
„das Mißverhältniß, in welchem die dreifache Gliederung der Landes-
rertretung zu der Größe des Landes slehe, drohe gegenüber dem Reichstag
des norddeutschen Bundes mit seinen in die Competenzen des gemeinschaft-
lichen wie der Spezial-Landtage tief eingreifenden Befugnissen unseren Ver-
fassungszuständen den Stempel der Lächerlichkeit aufzudrücken.“
26.—27. Nov. (Preußen). Abg.-Haus: Debatten über den Declarations-
Antrag Lasker betr. den Fall Twesten:
Antrag Laskers: „Gesetz, betreffend die Declaration des § 84 der
Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850. Wir Wilhelm ect.: In Gemäß-
heit des Art. 84 der Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850 darf kein
Mitglied des Landtages wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Aus-
übung seines Berufs gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch
verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung desjenigen Hauses, zu welchem
das Mitglied gehört, zur Verantwortung gezogen werden.“
Antrag der Fortschrittspartei auf Tagesordnung: „In Er-
wägung: daß der Art. 84 der Verfassung einer Declaration nicht bedarf, der-
selbe vielmehr die Competenz der Staatsanwaltschaft und der Gerichte in An-
sehung der Reden im Landtage völlig ausschließt, daß das Haus der Abge-
ordneten eine Verwahrung seines verfassungsmäßigen Rechtes bereits am
10. Februar 1866 eingelegt hat, daß das Haus der Abgeordneten selbst
dieses Recht in Zweifel stellt, wenn es die Initiative ergreist, um die in dem
Strassenate des höchsten Gerichtshofes angenommene Auslegung des Art. 84
durch ein Gesetz auszuschließen, diese Initialive vielmehr der Staatsregierung
zu überlassen ist, geht das Haus über den Antrag des Abg. Lasker zur
Tagesordnung über.“
Antrag Guerard (Freiconservativ): Aenderung — nicht bloß Dercla-
ration des Art. 84 der preuß. Verfassung — im Sinne des Art. 30 der
Bundesverfassung.
Rede Bismarcks gegen den Antrag Lasker. Bei der Abstimmung
wird der Antrag Guerards gegen die Stimmen der meisten Frei-
conservativen und eines Theils der Altliberalen, derjenige der Fort-
schrittspartei gegen 31 Stimmen abgelehnt und der Antrag Lasker
mit 181 gegen 160 Stimmen angenommen.
27. Nov. (Norddeutscher Bund). Der Bundesrath beruft auf den
3. Januar eine Commission zu Ausarbeitung einer Civilproceßord-
nung für den gesammten Bund nach Berlin ein.
„ „ (Sachsen). Landtag: Beide Kammern versagen der Regierung
vorerst Steuererhöhungen, bevor sich die neuen Verhältnisse voll-
ständiger übersehen ließen.
28. „ (Preußen). Abg.-Haus: Eine Vorlage der Regierung ver-
langt die Erhöhung der Krondotation von 3 auf 4 Mill. Thlr.