Die süddeutschen Staaten. 185
auf den Eintritt in den norddeutschen Bund gerichtet wäre, zurückweisen muß.
Es folgt daraus ferner, daß die Staatsregierung nicht versuchen kann, über
die Vereinigung Bayerns mit dem norddeutschen Bund in Unterhandlungen
zu treten. Ich muß überdies eben so offen aussprechen, daß die Entwicklung
der norddeutschen Bundesverhältnisse, wie sie sich jetzt gestaltet, eine so ent-
schiedene Hinneigung zum Einheitsstaate bekundet, daß ich es mit
der Würde des Landes und den Pflichten der Staatsregicrung nicht vereinbar
halte, den bedingungslosen Eintritt in diesen norddeutschen Bund anzustreben.
Ich wenigstens würde einem solchen bedingungslosen Eintritt meine Stimme
nicht geben und die Verantwortung desselben nicht übernehmen. Auch glaube
ich nicht, daß man sich bei der Bildung des norddeutschen Bundes durch die
Rücksicht auf den Süden von Deutschland aufhalten lassen wird. Eben so
wenig wird man im gegenwärtigen Augenblick zu Gunsten des Eintrittes
der süddeutschen Staaten Modificationen in der Gestaltung des norddeutschen
Bundes vornehmen. Wir dürfen uns nicht täuschen, die Entwicklung Deutsch-
lands auf dem Wege der Einigung schreitet nur langsam vorwärts. Wenn
ich nun die Schwierigkeiten anerkenne, die der organischen Wiedervereinigung
der deutschen Stämme in den Weg treten, so bin ich doch andererseits fest
entschlossen, mich jedem Schritt entgegen zu stellen, der die Erreichung des
von mir bezeichneten Zieles verhindern könnte. Meine Herren! Die Staats-
regierung wird keinen südwestdeutschen Bund unter dem Protectorate einer
nichtdeutschen Macht schließen. Ein solches Bündniß ist in der zweiten Hälste
des neunzehnten Jahrhunderts einfach eine Unmöglichkeit. Ebenso ist Bayern
nicht in der Lage, ein Verfassungsbündniß süddeutscher Staaten unter der
Führung Oesterreichs abzuschließen. Wenn ich den Gang der Entwicklung
der innern Zustände Oesterreichs richtig beurtheile, so scheint mir das deutsche
Element mehr in den Hintergrund zu treten und die Regierung mehr ihre
Stütze in den außerdeutschen Clementen der Monarchie zu suchen. Ein Ver-
fassungsbündniß mit einem so gestalteten Oesterreich erscheint weder wünschens-
werth noch ausführbar. Wohl aber werde ich es mit Freuden begrüßen,
wenn die österreichische Monarchie aus den innern Kämpfen, in welchen sie
begriffen ist, gekräftigt und gestärkt hervorgeht, damit sie ihre civilisatorische
Mission als östliche Grenzmacht ersüllen könne. Ich werde mich bemühen,
darauf hinzuwirken, daß die freundschaftlichen Beziehungen Bayerns zu Oester-
reich erhalten und gefördert werden. Meine Herren! Die Staatsregierung
wird auch nicht die Hand bieten zur Bildung eines in sich abgeschlossenen
südwestdeutschen Bundesstaates, weil unzweifelhaft eine Ueberein-
stimmung der Regierungen und Bevölkerungen in dieser Beziehung nicht zu
erreichen ist, und well ein solcher Bundesstaat die Kluft zwischen dem Süden
und Norden von Deutschland noch erweitern würde. Wenn ich aber er-
klärt habe, daß die Staatsregierung keinen Schritt zu thun gedenkt, der uns
vom Ziele der deutschen Gesammtpolitik entfernt, so darf ich mich auf diesen
negativen Standpunkt nicht beschränken. Es würde dies die Proclamirung
der Isolirungspolitik sein. Bayern als Staat zweiten Ranges kann nicht
ohne Allianz mit einer europäischen Großmacht bestehen. Es bedarf einer
solchen Stütze namentlich im gegenwärtigen Augenblick, in welchem die Ver-
fassung des deutschen Bundes zerrissen ist und die Möglichkeit europäischer
Conflikte nicht bestritten werden kann. Der Großstaat aber, an welchen sich
Bayern anzuschließen und als dessen Bundesgenosse es im Falle eines Krieges
gegen das Ausland sich ofjen zu erklären hat, ist Dreußen. Diese Bundes-
genossenschaft, die in der Aufgabe der bayerischen Regierung liegt, bringt es
mit sich, daß Bayern gegen bestimmte Garantie der Souveränetät des Kö-
nigs sich im Falle eines Krieges gegen das Ausland der Führung Preußens
unterstelle; sie bringt es mit sich, daß das bayerische Heer in einer Art und
Weise organisirt wird, die eine gemeinschaftliche Kriegführung ermöglicht.
Diese Bundesgenossenschaft wird an Werth gewinnen, wenn es gelingt, nicht