188 Die süddeutschen Staaten.
weder als selbständig abgeschlossener Bundesstaat noch unter der Führung
Oesterreichs thunlich erscheint. Sie sind endlich einverstanden damit, daß
Bayern zunächst seine Kräftigung und die Hebung seines Selbstbewußtseins
in dem Ausbaue seiner inneren Staatseinrichtungen auf freisinniger Grund-
lage suchen müsse. Dagegen vermöchten die Unterzeichneten denjenigen Stellen
der ministeriellen Erklärung, welche von Bayerns Allianz-Bedürfniß mit
Preußen und der Unterstellung seines Heeres unter das letztere handeln, nur
unter der Voraussetzung zuzustimmen, daß denselben eine Deutung
gegeben werden darf, wie solgt: Es solle und werde Bayern, wenn es den
Fall als eingetreten erkennt, daß deutsches Gebiet und deutsche Interessen
durch einen Angriff von Seite des Auslandes bedroht erscheinen, zur Abwehr
solchen Angriffs als Bundesgenosse zu Preußen stehen. Zu diesem Zwecke
solle Bayern sein Heer, so weit dieß mit der Sonveränetät seines Herrschers,
der Leistungsfähigkeit des Landes und der Ordnung seiner Finanzen vereinbar
geschein. in einer Weise organisiren, die eine gemeinschaftliche Kriegführung
erleichtert."“
Der Abg. Hohenadel, Führer der Centrumspartei, interpellirt die
Regierung, ob sie „gewillt sei, dem nächsten Landtage ein Schul-
gesetz vorzulegen, welches, bei einer angemessenen Stellung der Lehrer,
den Schulen eine freie geistige Entwickelung, fern von allen be-
schränkenden Einflüssen, namentlich auch clericalen, sichern könne."
Der Cultusminister stellt eine Vorlage in Aussicht.
23. Jan. (Hessen). Die II. Kammer genehmigt das Wahlgesetz für
den nordd. Bund. Abg. Dumont (demokrat.) protestirt gegen die
Einbeziehung Castels und Kostheims in den nordd. Bund. Adbg.
Gagern stellt den Vermittlungsantrag, gegen die von Preußen be-
liebte Auslegung des Friedensrertrages sich zu erklären, gleichwohl
aber, um der Regierung keine Verlegenheiten zu bereiten, der Vor-
lage die Zustimmung zu ertheilen, was mit 22 gegen 21 Stimmen
beschlossen wird.
24. „ (Hessen). II. Kammer: Debatte über den Friedensvertrag mit
Preußen.
Die Commission beantragt einfache Genehmigung. George (Fortschr.)
stellt ein Amendement auf Anstreben des Eintritts des ganzen Großherzog=
thums in den nordd. Bund mit allen Mitteln. Minister Dalwigk erklärt,
„es könne ihm gleichgültig sein, ob dieser Antrag angenommen werde oder
nicht, weil die Regierung von Anfang an dieselbe Stellung eingenommen und
die Aufnahme des ganzen Großherzogthums in den nordd. Bund slets an-
gestrebt habe,“ gibt aber zu bedenken, ob es nicht besser sei mit dem Amen-
dement zu warten, bis man genauere Kenntniß von dem Entwurf der
nordd. Bundesverfassung habe. Dumont (demokr.) stellt darauf den An-
trag, einen Beschluß über Anschluß so lange auszuseßen, bis die Regierung
in der Lage sei, eine betreffende Verlage zu machen.
Der Antrag Dumont wird mit 24 gegen 21 Stimmen bejaht
und der Friedensvertrag mit Preußen einstimmig genehmigt.
3.—5. Febr. Militärconferenz der vier süddeutschen Staaten in Stutt-
gart. Dieselbe beschließt:
„Die Regierungen von Bayern, Würtemberg, Baden und Hessen haben
sich über folgende Punkte geeinigt: I. Die Versammelten erkennen es als ein