Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

192                             Die süddeutschen Staaten. 
— April, (Baden). Zahlreiche Versammlungen und Adressen in den 
verschiedenen Landestheilen sprechen sich gegen die franz. Gelüste auf 
Luxemburg aus. 
Eine dieser Adressen, von dem früheren Minister des Innern Staatsrath 
Lamey versaßt, gibt in würdiger und maßvoller Weise die allgemeine Stim- 
mung wieder: „Es ist nicht nöthig zu sagen, wie sehr wir wünschen mit 
unserm großen und geachteten Nachbarvolk in Frieden und Eintracht zu leben; 
wir halten beide Nationen, die französische wie die deutsche, für berufen und 
reich ausgestattet, um im friedlichen Wetteifer Wissenschaft, Kunst und Ge- 
werbe zu fördern, und den Fortschritt und die freie Entwicklung der Völker 
Europas zu verbürgen: — aber unsere erste Pflicht — und darin stehen 
alle Parteien fest und einig zusammen — gilt der Ehre und Unversehrtheit 
unseres deutschen Bakerlands.“ Die Adresse führt dann weiter aus, daß die 
Auflösung des deutschen Bundes nicht auch die Auflösung Deutschlands und 
des deutschen Volks bedeute; vielmehr sei über alle Stämme deutscher Nation 
das deutsche Vaterland der höchste Souverain geblieben. Diesem Souverain 
gehöre jetzt und immer, auch wenn kein organisches Band die deutschen Ge- 
sammtländer zur Zeit vereinige, die alte deutsche Grenzmarke Luxemburg 
zweifellos; das beutsche Volk aber sei empört darüber, daß ein Fürst aus 
deutschem Stamm ein ihm anvertrautes deutsches Grenzland durch schnöden 
Verkauf dem Ausland überliefern wolle. 
7. „ (Hessen) schließt mit Preußen eine Militärconvention ab, welche 
die Organisation des hessischen Militärwesens derjenigen Preußens 
und des nordd. Bundes vollständig gleichstellt und die hessische Di- 
vision zu einem Theil des nordd. Bundesheeres macht. 
Art. 1. Die gesammten grohh. hessischen Truppen treten für Krieg und 
Frieden als eine geschlossene Division in den Verband eines der Armeecorps 
des k. preußischen Heeres, und damit unter den Oberbefehl Sr. Moaj. des 
Königs von Preußen. Art. 2. Zu diesem Zwecke findet eine entsprechende 
Umsormation der großh. hessischen Division nach preußischem Organisations- 
modus für Krieg und Frieden statt (conf. Anlage), welche in den Haupt- 
punkten mit dem 1. Oct. d. J. vollendet sein wird. Es kommt für das 
Großherzogthum Hessen diejenige Wehrverfassung zur Einführung, welche für 
die k. preußische Armee durch die Art. 53, 55 und 56 des Entwurfs der 
Verfassung des norddeutschen Bundes festgesetzt ist, resp. durch spätere Bundes- 
gesetze festgesetzt werden wird. Art. 3. Um jedoch den Uebergang in die neue 
Heeresverfassung zu erleichtern, wird ausnahmsweise und unbeschadet der im 
Art. 53 der Verfassung des norddeutschen Bundes bestimmten Wehrpflichtig- 
keit, für die nächsten 5 Jahre noch eine Stellvertretung von Dienstpflichtigen 
durch ausgediente Unteroffiziere und Spielleute und ein Tausch Dienstpflich- 
tiger mit freigelocsten nicht Dienstpflichtigen unter Controle des Staats ge- 
stattet. Art. 4. Großh. Unterthanen, denen die Berechtigung zum einjährigen 
freiwilligen Dienst zusteht, können dieser Dienstpflicht unter gleichen Beding- 
ungen, wie jeder Preuße, auch in der kgl. Armee genügen; dasselbe findet 
vice versa statt. Art. 5. In dem Großherzogthum Hessen ist, mit Aus- 
schluß der Militärkirchenordnung, die gesammte preußische Militärgesetzgebung 
bis zum 1. Oct. d. J. einzuführen, und zwar sowohl die Gesetze selbst als 
die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, 
Instructionen und Rescripte, namentlich also das Militärstrasgesetzbuch vom 
3. April 1845, die Militärstrafgerichtsordnung vom gleichen Tage, die Ver- 
ordnung über die Ehrengerichte vom 20. Juli 1843, die für Krieg und 
Frieden ergangenen Bestimmungen über Aushebung, Dienstzeit, Servis= und 
Verpflegungswesen, Einquartierung, Ersatz von Flurbeschädigungen, über 
Mobilmachung ect., sowie auch über Organisation, Gliederung, Ausbildung,
	        
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