216 Die süddeutschen Staaten.
großdeutschen Partei) lehnt nach längeren Unterhandlungen den ihm
vom Fürsten Hohenlohe angebotenen Gesandtschaftsposten in Berlin
schließlich ab.
21. Sept. (Baden). Besuch des Königs von Preußen in Karlsruhe.
Der Großherzog führt ihm fast sein gesammtes Contingent in de-
monstrativer Weise vor.
24. „ (Württemberg). Die volkswirthschaftliche Commission der
II. Kammer beschließt einstimmig, zu beantragen, daß bei der Ab-
stimmung über die Zollvereinsverträge und das Salzsteuergesetz ein
zustimmender Beschluß nur mit der für Verfassungsveränderungen
vorgeschriebenen Zweidrittelsmajorität gefaßt werden könne, und spaltet
sich über die Frage der Annahme oder Verwerfung selbst in zwei
Hälften, indem 4 Stimmen auf Annahme, 4 auf Verwerfung
antragen:
Motive der verwerfenden Hälfte (M. Mohl): „.. Wir sehen wie
in dem Zollvertrage der ganze seitherige Charakter des Zollvereins als eines
Verbandes unabhängiger selbstberechtigter Staaten, die freie Mitwirkung ihrer
Regierungen, die verfassungsmäßigen Rechte ihrer Volksvertretung in Zoll-
und andern Steuersachen und bei Handelsverträgen umgestürzt; wie an Stelle
der seitherigen Verfassung des Zollvereins eine Verfassung eingeführt werden
soll, ähnlich der wesentlich einheitsstaatlichen des norddeutschen Bundes mit
dem König von Preußen als Souverän an der Spitze und mit einem
Bundesrath und Parlament, in welchem die süddeutschen Staaten einen
kleinen Bruchtheil bilden und unfähig wären, die Interessen ihrer Länder zu
schützen, geschweige denn etwas durchzusetzen; daß in Folge dessen die Ge-
werbsinteressen des Zollvereins überhaupt und der süddeutschen Länder ins-
besondere in höchstem Grade bedroht würden durch die seither und neuer-
dings von Preußen eingehaltenen Tendenzen; daß dem König von Preußen
ein Veto in der Gesegebung eingeräumt, den Südstaaten das ihrige ge-
nommen werden soll; daß ersterer die Ueberwachung, d. h. eine wahre Re-
gierungsgewalt über die Südstaaten in Zoll= und in wichtigen indirecten
Steuersachen haben soll, und daß alle Verhältnisse in einer Weise geregelt
wären, welche den Süden schon halb in das Joch des norddeutschen Bundes,
d. h. der preußischen Lehensherrlichkeit, spannen, die süddeutschen Regierungen,
Parlamentsabgeordneten und Volksvertretungen der Möglichkeit berauben
würde, die Rechte und Interessen ihrer Länder mit Erfolg zu vertreten; daß
auch bereits mit der Ausbeutung der Südstaaten zu Gunsten Preußens in
einer Weise begonnen würde, bei welcher die süddeutschen Slaatsbürger
vom Salze 2,043,681 fl. 6 kr. mehr als eine gleiche Anzahl norddeutscher
an den Zollverein steuern müßten; daß bei einer Besteuerung des Tabaks-
baues mit 20 Thlrn. pro preuß. Morgen eine Steuerüberbürdung der süd-
deutschen Pflanzer gegen die norddeutschen um 1,352,212 fl. 40 kr. eintreten
würde; daß auch die süddeutschen Staatskassen dabei schwer benachtheiligt
wären, und zwar beim Salz um 1.538,180 fl. 31 kr., beim Tabak in ähn-
lichem Verhältnisse zum Nachtheil, den die Steuerpflichtigen erleiden würden;
daß übrigens die süddeutsche Salzerzeugung schwer gefährdet, die Tabaks-
cultur mit Hunderttausenden von Bauernfamilien aufs äußerste in ihrem
Bestand, Absatze für Inland und ihrer Ausfuhr bedroht wären; daß die
Tabaksfabrigation in ähnlicher Weise gefährdet wäre und voraussichtlich das
Tabaksmonopol eingeführt würde; daß über all' dieß weder die süddeutschen
Regierungen noch ihre Volksvertretungen mehr Herr wären, sondern ihnen