Die süddeutschen Staaten. 233
Wissenswerthe kann nur eine ständige Gesandtschaft zuverlässige Anskunft
geben. Dazu kommt, daß über kurz oder lang die deutsche Frage zu einem
Austrag kommen wird. Auch wenn dies auf die einfachste Weise, durch
einen Staatsakt, durch irgend eine Art des Anschlusses an den norddeutschen
Bund geschieht, müssen wir bis dahin in Berlin, München und Stuttgart
auf unser Ziel hinarbeiten, in allen diesen Residenzen Fühlung behalten, um
zu wissen, was dort gewünscht, gethan, erstrebt wird, um, wenn immer mög-
lich, in Uebereinstimmung und Gemeinschaft mit den in gleicher Lage be-
findlichen süddeutschen Staaten zu handeln. Noch unembehrlicher ist die
diplomatische Vertretung an diesen Orten, wenn die deutsche Frage nicht
mit einem Schlag und Staatsakt abgeschlossen wird, sondern allmälig,
durch einzelne Verhandlungen, Verabredungen und Verträge ihrem Ziel ent-
gegengeführt wird, wenn sie den Weg fortwandelt, welcher in den Allianz-
verträgen, Militärconferenzen, Zollvereins-Verträgen eingeschlagen wurde. Alle
solche Angelegenheiten verursachen Verhandlungen, welche nur mit Hilfe einer
regelmäßigen diplomatischen Vertretung rasch eingeleitet und zu Ende geführt
werden können, in denen die Anschauungen der großh. Regierung nur mit
Hilfe einer solchen Vertretung thunlichst zur Geltung gebracht werden können.“
8. Nov. (Baden). Die II. Kammer nimmt das neue Gesetz bez.
Vereins= und Versammlungsrecht fast einstimmig an.
9. „ (Baden). Die 1. Kammer nimmt das neue Ministerverant-
wortlichkeitsgesetz mit den Modificationen der Commission einstimmig an.
12.„ (Baden). Die II. Kammer nimmt das neue Preßgesetz mit
großer Mehrheit an. Einige Punkte bleiben indeß noch unerledigt.
14.—18. Nor. (Bayern). II. Kammer: Der Socialausschuß legt den
Entwurf des neuen Gewerbegesetzes mit Gewerbefreiheit (auch für
die sog. Preßgewerbe) vor. Ein Antrag auf Ablösung der Real--
rechte wird mit allen gegen 12—45 Stimmen ohne Zählung ver-
worfen und der Gesetzesentwurf mit allen gegen 15 Stimmen an-
genommen.
16. Nov. (Hessen) nimmt die Einladung Frankreichs zu einer euro-
päischen Conferenz über die römische Frage, angeblich aus Rücksicht
für seine kath. Bevölkerung, sofort an und wird dafür von Preußen
durch eine Dep. scharf getadelt (s. Preußen).
21.„ (Bayern) protestirt gegenüber Preußen gegen die von diesem
den Ratificationsurkunden der Zollvereinsverträge am 6. Nov. beige-
fügte Bedingung und alle Consequenzen, die man etwa daraus ab-
leiten wollte, da es diese Bedingung als von Seite Bayerns erfüllt
und daher den Zollvereinsvertrag als einfach von Preußen ratificirt
betrachte. Preußen ertheilt darauf keine Erwiederung.
22. „ (Baden). Die II. Kammer nimmt nach viertägiger Debatte
das neue Wehrgesetz, das sich aufs engste den Bestimmungen des
nordd. Bundes anschließt, mit allen gegen 2 Stimmen an.
30. „ (Baden). Die I. Kammer nimmt das neue Wehrgzesetz ein-
stimmig an.
4.—7. Dec. Militärconferenz der süddeutschen Staaten in Mürnchen