Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                      Die süddeutschen Staaten.                        235 
Präsenz nur darum angenommen habe, weil er keine Möglichkeit voraus- 
gesehen habe, eine längere bewilligt zu erhalten.) 
Das ganze Gesetz wird schließlich mit allen gegen 15 Stimmen 
angenommen. 
13.—19. Dec. (Baden). II. Kammer: Berathung des neuen Schul- 
gesetzes. Der Entwurf der Regierung wird den Ansprüchen der 
Kirche gegenüber mehrfach entschieden verschärft, indem sich die 
Kammer für Schulzwang statt (nach der Regierungsvorlage) bloß 
für Unterrichtszwang entscheidet und mit allen gegen 5 Stimmen 
die kirchlichen Corporationen von dem Recht, Schulen zu errichten, 
ausdrücklich ausschließt. Der confessionelle Charakter der Schule 
wird zwar beibehalten, aber gemischte Schulen für zulässig erklärt 
und das ganze Gesetz schließlich mit allen gegen 3 Stimmen an- 
genommen. « 
— Der. (Hessen). Die Regierung veröffentlicht den nunmehr ausge- 
 
 
 
arbeiteten Entwurf eines Civilproceßgesetzes, aber nur mehr als 
schätzbares Material für die pom nordd. Bundesrath zu gleichem 
Zwecke beschlossene Commission, im Gegensatz gegen ihre frühere, 
am 23. Mai von der II. Kammer mit 31 gegen 4 Stimmen ge- 
billigte Absicht, mit einer solchen Gesetzgebung selbständig vorzugehen. 
20.„ (Württemberg). Die II. Kammer nimmt die neue Gerichts- 
verfassung (mit Schöffen für alle Fälle der Strafrechtspflege) mit 
64 gegen 22 Stimmen an. 
22. „ (Baden). Eine Anzahl Kammermitglieder, worunter auch 4 
Minister, erlassen eine Ansprache an das Volk, in der sie sich für 
eine Ausdehnung der Competenz des Zollparlaments erklären. 
23.„ (Württemberg). II. Kammer: Die Regierung legt derselben 
den Entwurf eines neuen Verfassungsgesetzes betr. die Zusammen- 
setzung und die Wahl des Landtags vor. 
Eine Note sämmtlicher Minister erläutert den Standpunkt, von 
dem die Regierung bei der Vorlage ausgegangen sei. „Der Regierung steht 
nach allseitiger Prüfung die Frage fest, daß die Erfüllung des an sie ge- 
stellten Verlangens, Behufs einer Revision der Verfassung einseitig eine nach 
Maßgabe der Bestimmungen vom 1. Juli 1849 zu wählende Landesrer- 
sammlung zu berufen, rechtlich wie thatsächlich unmöglich ist. Rechtlich 
unmöglich, weil diese Bestimmungen nach der Natur ihrer Entstehung und 
nach den für ihre Verabschiedung maßgebend gewesenen Grundsätzen über- 
haupt nur einen transitorischen Character halten und haben konnten, wie dies 
hinsichtlich ihrer wesentlichen Grundlagen auch in der Entscheidung des 
Staatsgerichtshofs vom 4. September 1850 anerkannt ist; thatsächlich 
unmöglich, weil nach denselben die Constituirung und damit die Existenz der 
Landesversammlung durch die Ablegung eines Eides lauf die Reichsver- 
fassung ? bedingt wäre, der jedenfalls jetzt nicht mehr zulässig und möglich 
ist. Demgemäß ist eine Revision der Verfassung auf dem durch sie selbst 
vorgezeichneten Wege herbeizuführen. Die Grundlage für eine solche ist durch 
die Faktoren von selbst gegeben, die sich an dieser Revision zu betheiligen 
haben und mit denen man zu rechnen hat. Es kann sich nicht darum han-
	        
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