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Orterreich.
nur keinen Widerstand entgegensetzen; sondern dieselben auf das wirksamste
unterstützen werde. Die Frage der Civilehe wird, freilich mit der bestimmten
Betonung, daß der Katholicismus ein solches Institut nie gutheißen könne,
vor allen Dingen im Sinne der praktischen Erwägung, daß dasselbe zunächst
sicher bloß auf dem Papier vorhanden sein werde, durch den Beschluß erle-
digt: der Entscheidung des Reichstags durch keine“ principielle Agitation ent-
gegenzuarbeiten. In Betreff endlich der Verwaltung der kirchlichen Angelegen-
heiten einigt sich die Versammlung dahin, den Laien diejenige Einflußnahme
zuzugestehen, respertive zurückzugeben, welche sich als das wirksamste Mittel
darstelle, dem allmählich bis in die untersten Schichten der Bevölkerung weiter
fressenden Indifferentismus zu begegnen.
25. Nov. Der Kaiser ernennt neuerdings 3 weitere erbliche und 18 weitere
27.
30.
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lebenslängliche Mitglieder des Herrenhauses.
„ (Ungarn). Im Hevbeser Crmitat wird der kgl. Commissär
wieder abberusen und der Obergespan-Stellvertreter wieder eingesetzt.
„ Reichsrath: Das Herrenhaus ertheilt auch dem Staatsgrund-
gesetze über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (Grundrechte)
seine Zustimmung. Die K Kirchenfürsten und die clerical-fendale Partei
der Grafen Leo Thun 2c. haben sich zur Berathung nicht eingefunden.
„ Reichsrath: Das Herrenhaus genehmigt die revidirte Februar-
verfassung, doch nicht ohne einige wesentliche Modisicationen der
Beschlüsse des Abg.-Hauses, indem es die Polizeigesetzgebung, die
gesammte Civil= und Strafgesetzgebung und die Feststellung der
Grundzüge für das gesammte (höhere und niedere) Unterrichtswesen
des Competenz des Reichsraths reservirt wissen will.
„ Reichsrath: Der confessionelle Ausschuß des Abg.-Hauses hat
auch das dritte ihm übertragene Gesetz, das über die interconfessio-
nellen Verhältnisse, zu Ende berathen. Dasselbe wird indeß bis
Ende des Jahres dem Abg.-Hause noch nicht vorgelegt.
2. Dec. Reichsrath: Das Herrenhaus ertheilt dem Delegationsgesetz
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seine Zustimmung und nimmt die sämmtlichen Staatsgrundgesetze
in dritter Lesung an.
„ (Ungarn). Landtag Das Unterhaus nimmt das QOuotengesetz
(Beitragspflicht beider Reichshälften zu den gemeinsamen Angelegen-
heiten) mit 225 gegen 89 Stimmen an.
„ Reichsrath: Das Abg.-Haus stimmt den Aenderungen, welche
das Herrenhaus in den verschiedenen Staatsgrundgesetzen vorgenommen
hat, bei, mit einziger Ausnahme, daß es auf der absoluten Wahrung
des Briefgeheimnisses beharrt und der centralistischen Tendenz des
Herrenhauses bez. des Unterrichtswesens nicht beistimmt.
„ (Ungarn). Landtag: Perczel interpellirt das Ministerium im
Unterhause über die Zulässigkeit einer eigenen ungarischen Honved-
armee, da das Ausgleichsgesetz darüber dunkel ist. Ministerpräsident
Andrassy gibt bez. der gefährlichen Angelegenheit eine ausweichende
Antwort, mit der sich indeß Perczel keineswegs befriedigt erklärt.