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Frantrelch.
meine Hingebung für Frankreich theilen, und daß ihr größtes Glück wäre
alles Unglück zu tilgen, alle Leiden zu lindern.“
Rede in Lille: „Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal dieses
Tepartement besuchte, lächelte alles meinen Wünschen. Ich hatte mich eben
mit der Kaiserin vermählt, und ich kann sagen, daß ich mich eben auch mit
Frankreich vor acht Millionen Zeugen vermählt hatte. Die Ordnung war
wiederhergestellt, die politischen Leidenschaften waren besänftigt und eine neue
Aera der Größe und des Gedeihens siellte sich für unser Land in Aussicht.
Im Innern ließ die Einigkeit unter allen guten Bürgern das friedliche
Herannahen der Freiheit ahnen, und nach Außen sah ich unsere ruhmvolle
Fahne jede gerechte, der Civilisation förderliche Sache decken. In vierzehn
Jahren haben sich viele meiner Hoffnungen erfüllt, viele Fortschritte vollzogen.
Doch verdunkeln auch schwarze Punkte unsern Horizont. Wie mich das
Glück nicht geblendet hat, so sollen mich vorübergehende Unfälle nicht ent-
muthigen. Und wie sollte ich den Muth verlieren, wenn ich das Volk von
einem Ende Frankreichs bis zum andern die Kaiserin und mich mit seinen
Zurusen begrüßen sehe, in die sich stets der Name meines Sohnes mischtl
Heute komme ich nicht um einen ruhmvollen Jahrestag in der Hauptstadt
des einsimaligen Flanderns zu begehen, sondern um mich nach Ihren Bedürf-
nissen zu erkundigen, den Muth der Einen auszurichten, das Vertrauen Aller
zu befestigen und das Gedeihen dieses großen Departements durch weitere
Beförderung des Ackerbaues, der Industrie und des Handels nach Möglich-
keit zu vermehren. Sie werden mich, meine Herren, in dieser edlen Aufgabe
unterstützen, aber Sie werden nicht vergessen, daß die erste Bedingung des
Gedeihens einer Nation, wie die unsere, darin besleht, das Bewußtsein feiner
Krast zu haben, sich nicht durch eingebildete Besorgnisse niederschlagen zu
lassen, und auf die Weisheit und den Patriolismus der Regierung zu zählen.“
Nede in Amiens: „Ich habe jetzt mit der Kaiserin Frankreich von
Straßburg bis Dünkirchen durchzogen, und überall erfüllte uns die warme
und sympxathische Aufnahme die wir sanden mit dem lebhaftesten Dank.
Nichts konnte — ich freue mich es zu constatiren — das Vertrauen erschüt-
tern, welches das französische Volk seit beinahe 20 Jahren in mich geseszt hat.
Es würdigt in ihrem ganzen Umfange die Schwierigkeiten, welche wir zu
überwinden hatten. Der Mißerfolg unserer Politik jenseits des Oceans hat
das Prästigium unserer Waffen nicht verringert, denn überall besiegte der
Muth unserer Soldaten jeden Widerstand. . Die Ereignisse, welche sich in
Deutschland vollzogen, haben unser Land nicht aus seiner würdigen und
ruhigen Haltung treten lassen, und es rechnet mit Recht auf die Erhaltung
des Friedeus. Die Aufreizungen einer geringen Anzahl haben die Hoffnung,
freisinnigere Einrichtungen friedlich in das öffentliche Leben eindringen zu
sehen, nicht zu Schanden gemacht; endlich hat die augenblickliche Steckung
des Handelsverkehrs die gewerbetreibenden Klassen nicht gehindert mir ihre
Sympathien zu bezeugen und auf die Bemühungen der Regierung für einen
neuen Aufschwung der Geschäfte zu zählen. Diese Gesinnungen des Ver-
trauens und der Hingebung finde ich mit Vergnügen in Amiens wieder, in
diesem Departement der Somme, welches mir stets einc aufrichtige Anhäng-
lichkeit bewiesen und wo ein Aufenthalt von sechs Jahren mir gezeigt hat,
daß das Unglück eine gule Schule ist, um die Last der Regierung ertragen
und die Klippen des Glücks vermeiden zu lernen.
7. Sept. Der Kaiser geht mit dem Hofe nach Biarritz.
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„ Der Crédit mobilier ist endlich an einer entscheidenden Krisis
angelangt. Stürmische Sitzung des Verwaltungsrathes: Austrilt der
Gebrüder Pereire. Bis zur Entscheidung durch die Gencralrcrsamm-