Frankreich. 363
19. Dec. Gesetzgeb. Körper: Beginn der Debatte über das Armeereform-
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gesetz. Die Commission hat sich mit der Regierung über alle Haupt-
punkte geeinigt.
„ Gesetzgeb. Körper: Fortsetzung der Debatte über die Armeereform:
Polemik des Berichterstatters Gressier: „Lassen wir die Besorgniß bei-
seite, daß die Regierung ohne ein gewisses Ziel 740,000 Mann auf die Beine
bringen könnte. Die großen europäischen Kriege drängen sich von selbst auf.
Man suchl sie nicht, man vermeidet sie nur selten. Zweimal in einem
Jahrhundert erscheinen diese großen Ereignisse. Wenn das Gleichgewicht ge-
brochen ist, so muß es wiederhergestellt werden; nun wird es sich aber weder
durch das Einvernehmen der Völker noch durch die Anstrengungen der Re-
gierungen wiederherstellen lassen, sondern nur durch die Ergebnisse eines
Kriegs.“ Stürmische Unterbrechung. Ollivier: Da haben wir den Schlüssel
zu dem Gesetze. Havrincourt als Mitglied der Commission erklärt, daß
diese Niemanden beauftragt habe, eine solche Anschauung zu äußern. Gres-
sier entschuldigt sich: er habe lediglich vom philosophischen Standpunkte aus
bier gesprochen. Rouher: Die Regierung ist nicht durch die geringste Vor-
aussicht eines benachbarten oder nahen Krieges geleitet, sie hat nur ein Inter-
esse im Auge, nämlich den Schutz der Unabbängigkeit des Vaterlandes.
„ Gesetzgeb. Körper: Fortsetzung der Debatte über die Armeereform.
— Amendement der Linken zu § 1:
„An die Stelle des durch Conscription gebildeten stehenden Heeres mit
längerer Dienstzeit die Wehrhaftigkeit der ganzen Nation mit allgemeiner
Wehrpflicht, aber nur für eine möglichst kurze Zeit in der activen Armee
(Miliz-Heer) zu setzen.“" Jules Simon vertheidigt mit großer Beredsam-
keit das Amendement gegen das herrschende System des bewaffneten Friedens,
dem ein großer, rasch vorübergehender Krieg sogar noch vorzuziehen wäre.
Marschall Niel: „Und Sie wollen unter derartigen Bedingungen Frankreich
der Gefahr aussetzen, eines Tages gegen eine Nation (Preußen) zu marschiren,
die geschickt und von langer Zeit her organisirt ist, in der vielfache Uebungen
stattfinden, in welcher der militärische Geist in einem Grade, wie wir ihn
vielleicht nie erreichen werden, vorherrscht? Daran denken Sie nicht, oder,
wenn Sie auf das französische Volk das System des Massenaufgebots an-
wenden wollen, so müssen Sie dasselbe vollkommen nach preußischem Muster
organisiren, und dann, aber nur dann, können beide Nationen, ohne Nach-
theil für die eine von ihnen, sich auf dem so schwierigen Schlachtenboden
gegenübertreten.“ Der Marschall geht nun auf das Lob der heutigen fran-
zösischen Armee über und weist mit Befriedigung auf den Grad der Schlag-
fertigkeit hin, den die Armee unter seiner kurzen Amtsführung bereits erlangt
hat. Die gesammte Infanterie wird bis zum nächsten Frühjahr mit einem
ausgezeichneten Gewehr versehen sein; die Zeughäuser und die Magazine sind
gefüllt, die Festungen sind bereits in einem bessern Zustand und man arbeitet
alle Tage daran. Und durch Alles dieß ist der Marschall überzeugt, wesent-
lich zum Fortbestehen des Friedens beigetragen zu haben. „Denn das fran-
zösische Volk ist von jeher sehr stolz gewesen, und die Armee ist sein Ebenbild.
Es hat gallisches Blut in den Adern und vermag nicht lange eine Gefahr,
die es bedroht, zu ertragen. Es geht lieber dieser Gefahr entgegen. Das
französische Volk lebt darum nicht gerne in der Ungewißheit und sieht seinen
Handel und seine Industrie dahinsiechen; lieber sofort den Krieg. Gibt man
ihm nun eine militärische Organisation, die ihm alle Sicherheit gewährt, so
läßt es die Sorgen fahren. Es fürchtet seine Nachbarn nicht, träumt selber
von keinen Eroberungen und überläßt sich dann in Frieden seinen gewohnten
Beschäftigungen. Dieses Resultat wird durch die Einführung des neuen
Armeegesetzes erreicht.“" Ollivier: „Wir, Frankreich, haben den Krieg von