Italien. 367
12. Jan. Die vertraulichen Unterhandlungen Tonnello's in Rom haben
zu einem vorläufigen Einverständniß geführt, das jedoch noch der
Ratification bedarf (die nicht erfolgt).
Dasselbe bewegt sich ausschließlich auf kirchlichem Gebiete, da die Curie
jede Einflechtung politischer Fragen, worunter auch die der Civilehe, entschieden
abgelehnt hat. Dagegen wäre Rom zu einer Reduction der zahlreichen und
theilweise ganz überflüssigen Bischofssitze (indeß doch nicht auf 68, gleich
der Zahl der Provinzen) geneigt, die jedoch nicht sofort, sondern nur nach
und nach, je nach dem Ableben der betressenden Bischöfe zu erfolgen hätte,
wogegen die italienische Regierung auf die bisher für unentbehrlich gehaltenen
Abwehrschilde gegen clericale Uebergriffe, das sog. Exequatur und das Placet,
verzichtet.
16.—17. Jan. II. Kammer: Das Ministerium Ricasoli legt derselben
das seit dem 21. Dec. v. J. umgearbeitete Budget für 1867 vor
und der Finanzminister entwickelt seinen Finanzplan zu Deckung des
Deficits, gestützt auf einen, am 16. Januar zu Paris zwischen der
Regierung und dem belgischen Hause Langrand-Dumonceau unter-
zeichneten Vertrag über die Liquidation des Kirchenvermögens. Der
Justizminister Borgatti legt einen Gesetzesentwurf vor, der die
Freiheit der Kirche sichern und ihr das Kirchenvermögen zurückgeben
soll nach Abzug von 600 Mill. zu Gunsten des Staats, nebst
einem einläßlichen Motivenberichte.
Budget für 1867: Die Einnahmen werden nunmehr zu 865 Mill.
reranschlagt, die ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben zu 1024 Mill.,
wodurch das ursprünglich auf 185 Mill. angesetzte Deficit auf 159 Mill.
herabgemindert wäre.
Finanzplan Scialoja's: Der Minlsier weist zur Erklärung der
Finanzlage auf die außerordentlichen Bedürfnisse des Jahres 1866 hin, die
ein Anlehen der Nationalbank von 250 Mill. und in Folge davon den
Zwangscurs der Banknoten, serner ein National-Zwangsanlehen im Betrage
von 220 Mill., endlich eine außerordentliche Ausgabe von 94 Mill. Rente
nöthig gemacht hätten. Davon seien aber Ende 1866 noch 364 Mill. im
Schatze gewesen, hinreichend um verschiedene Passiva von 1866 zu saldiren
und das Desicit von 1867 zu decken. Die Ausgaben seien im Budget für
1867 nunmehr auf's sparsamste bemessen, der Militäretat namentlich (bei
einem Friedensstande von 146,000 Mann) auf 140 Mill. reducirt. Um
das immerhin noch bleibende Desicit zu decken, werden theils Modificationen
bestehender, theils Einführung neuer Steuern vorgeschlagen, wodurch dasselbe
auf 100 Mill. vermindert würde, diese aber sollen für die nächsten Jahre
und bis das natürliche Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben er-
reicht wäre, durch eine Operation mit dem Kirchenvermögen gedeckt werden,
die dem Staate 600 Mill. eintragen würde. Der Minister hofft, daß der
Clerus auf die Operation selbst eingehen werde und erneuert schließlich die
Erklärung, daß keine Reduction der Interessen der öffentlichen Schuld statt-
finden solle. .
Der Gesetzentwurf, betreffend die Freiheit der Kirche und
die Liquidation der Kirchengüter, enthält in zwei Abtheilungen 31
Kapitel mit folgenden wesentlichen Bestimmungen: Die katholische Kirche im
Königreich Italien wird von jeder speciellen Einmengung der Regierung in
die Ausübung des Cultus und in Alles, was die inneren Angelegenheiten
der religiösen Körperschaften betrifft, befreit. Die Regierung enthält sich des
Rechts zur Ernennung der Bischöfe; der diesen wie andern kirchlichen Würden-