Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Italken. 
trägern vorgeschriebene Eid, das königliche Placet und Exequatur hört gleich 
allen übrigen von Privilegien, Gewohnheitsrechten oder Concordaten herrüh- 
renden Beschränkungen jeder Art auf, sowie auch alle Privilegien, Immuni- 
täten und Prärogative der katholischen Kirche ausgehoben werden. Die Kirchen- 
verfassungen und canonischen Lehrsätze haben im Staate keine Rechtskrast 
mehr, sondern werden bloß als Reglements und Privatstatute der Kirche be- 
trachlet, deren Rechtsansprüche, insofern sie den Staatsgesetzen und politischen 
Rechten nicht zuwider sind, nur bei den Civilbehörden und Gerichten ver- 
gebracht werden können. Alle Leistungen von Seite des Staates, der Pro- 
vinzen, Gemeinden und Privatpersonen für die Kirche hören auf, indem diese 
sich selbst mittelst der freiwilligen Beiträge ihrer Mitglieder und der Ertrög- 
nisse der ihr eigenthümlich zugehörenden Güter versorgt, die sie unter Beob- 
achlung der vom Slaatsgesetze vorgeschriebenen Formen rechtskräftig erwerben 
darf. Die Güter, welche das Patrimonium der Kirche bilden, bleiben auch 
serner ihr Eigenthum, werden jedoch nach gewissen Formen „convertirt und 
liquidirt"“. Die zwischen dem Staate und der Kirche zu vertheilenden Güter 
gehen in den Besitz des Staates über und werden vom königl. Oeconomie- 
rath verwaltet werden. Die Monumente und Monumental-Gebäude, welche 
vermöge des die Aufhebung der religiösen Körperschaften betressenden Gesetzes 
im Besitze des Staates sind, werden auf Staatskosten, dagegen diejenigen, 
welche im Besitze der Kirche bleiben, auf Kosten der Kirche im Einklang mir 
den dießfällig erlassenen Gesetzen und Vorschriften erhalten. Die der Kirche 
gehörenden Güter werden veräußert, mit Ausnahme der Gebäude zum Ge- 
brauche des Cultus mit den in denselben befindlichen Gemälden, Möbeln 
und heiligen Geräthen, sowie der von den Bischöfen und Pfarrern bewohnten 
und zu Seminarien dienenden Gebäude. Wenn die Bischöse binnen einem 
Monate nach Veröffentlichung des Gesetzes erklären, daß sie die Convertirung 
und Liquldation der Kirchengüter selbst in die Hand nehmen wollen, übergibt 
ihnen die Regierung die Güter, die sie in den betreffenden Disöcesen in Besitz 
genommen und die früher, den aufgehobenen Körperschaften gehörten, sowie 
keinen Theil des Cultusfonds, um die Liquidation zu bewirken und die Ver- 
äußerung der Güter vorzunehmen. Statt der Güter in natura kann die 
Regierung auch ein Acquivalent in Staatsschuldrenten den Bischöfen über- 
geben, wogegen diese binnen zehn Jahren alle Güter des Kirchenpatrimoniums 
veräußern und die immobilen. Güter in mobile verwandeln, ferner 600 Mill. 
in halbjährigen Raten à 50 Mill. Franks zahlen, die Gebäude, welche eine 
andere Bestimmung bekommen, erhalten und am Beginne jedes Jahres nach- 
weisen müssen, daß sie wenigstens den zehnten Theil der immobilen Güter 
veräußert haben. Sollte dieser Nachweis nicht geboten werden, dann is die 
Regierung berechtigt, sich in den gänzlichen Besitz der nicht verkauften Güter, 
insoweit es die Ergänzung des zehnten Theils erheischt, zu setzen und die- 
selben öffentlich rersteigern zu lassen. Die Bischöse haben serner die den 
Mitgliedern der aufgehobenen Körperschaften ausgesetzten Pensionen zu be- 
streiten. Zur Gewähr für die Zahlung von Seite der Bischöfe erhält der 
Staat eine Hypothek auf sämmtliche Güter. Wenn die Mehrzahl der Bischöfe 
nicht erklären sollte, sich den von der Regierung gestellten Bedingungen 
unterziehen zu wollen, so wird die Regierung selbst die Convertirung und 
Veräußerung der Kirchengüter vornehmen, und die Bischöfe werden immet- 
hin zur Bestreitung der Pensionen für die Mitglieder der ausgelösten 
Körperschaften gehalten sein. Wenn nun die Regierung zum Verkaufe der 
Güter ganz oder theilweise schreiten müßte, dann werden den Bischösen 50 
Millionen Franks in fünsprozentiger Rente zugestanden, das ganze kicchliche 
Vermögen deponirt und das unbewegliche veräußert. Die Veräußerung geht 
in einzelnen Theilen vor sich, und der Preis wird sich immer nach der 
bestimmten Rente richten. Der Kausschilling kann in einzelnen, aber nie 
weniger als fünfzehn und nie mehr als vierzig jährlichen Ralen berichtigt
	        
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