482 Deutsches Reich. (Mai 4.)
regierung möge sich bereit erklären, zur Ergänzung des Friedensangebotes
vom 12. Dez. v. J. in geeigneter Weise die Bedingungen bekannt zu
geben, die sie den gegnerischen Mächten auf einem Friedenskongreß zu
unterbreiten beabsichtigt. 3. Der Reichstag ist gewillt, eine Politik zu unter-
stützen, die sich in Konsequenz der Erklärungen des Herrn Reichskanzlers
vom 9. Nov. v. J. eine internationale Verständigung über eine den Frieden
sichernde zwischenstaatliche Organisation (einen „Friedensbund der
Völker“) zur Aufgabe setzt und für eine vertragsmäßige Beschränkung der
Rüstungen mit dem Ziel der allgemeinen Abrüstung eintritt. 4. Der Reichs-
tag ist gewillt, diese Politik zugleich zu stützen auf eine Erneuerung
unseres inneren politischen Lebens, die, geboren aus den Er-
fahrungen dieses Krieges und gestaltet lediglich nach dem Willen und nach
den Bedürfnissen des deutschen Volkes, doch zugleich auch Schwierigkeiten
beseitigen wird, die bisher einem vertrauensvollen internationalen Zusammen-
wirken im Wege standen, und er fordert die sofortige Inangriffnahme der
dafür nötigen gesetzgeberischen Maßnahmen.
4. Mai. Deutschfreundliche Kundgebung der kurländischen
Ritter= und Landschaft.
Wie die „Stimmen aus dem Osten“ berichten, haben die Vertreter
der kurländischen Ritter= und Landschaft, des deutschen Bürger-
tums und der deutschen Geistlichkeit dem Chef der deutschen Verwaltung
Kurlands Landrat v. Goßler folgende Entschließung überreicht: Die
kurländische Ritter= und Landschaft ist sich voll bewußt, daß es auch dies-
mal ihre oberste Pflicht ist, für ihr Deutschtum die schwersten Opfer zu
bringen, um ihre nationale und politische Aufgabe zu erfüllen. Weit weist
sie es von sich, als ob durch wirtschaftliche Nöte und Sorgen ihr deutsches
Empfinden eine Einbuße erleiden und ihr politischer Blick getrübt werden
könnte. Die kurl. Ritter- und Landschaft ist eine deutsche und erkennt es
klar, daß ihr nur von Deutschland das Heil kommen kann, daß nur durch
den Sieg Deutschlands und durch Angliederung Kurlands an das Deutsche
Reich sie ihr höchstes Gut, ihr Deutschtum, erhalten kann. Sie spricht hier-
mit ihre volle und freudige Bereitwilligkeit aus, dieselben Opfer zu bringen,
dieselben Entbehrungen zu tragen, wie die Bevölkerung des Reichs, in der
festen Zuversicht, daß Kurland nach dem Frieden an das Deutsche
Reich angegliedert wird.
4. Mai. Zu den Friedenszielkundgebungen der letzten Tage
bemerkt die „Köln. Ztg.“ in einem offiziösen Berliner Artikel u. a.:
Rechts und links will man nicht abwarten, will man nicht vertrauen,
fürchtet und zweifelt man. Und ganz natürlich wird von rechts und links
agitatorisch um die Zustimmung derjenigen gestritten, die zwischen beiden
Lagern stehen, und die sich sagen: Die wiederholten Regierungskundgebungen
und das Vertrauen, daß, wenn es soweit ist, die Heeresleitung zunächst
das Wort nehmen und gemäß der Kriegslage das zu unserer gesicherten
großstaatlichen Weiterarbeit Nötige fordern wird, bieten zunächst Sicher-
heiten genug. Andererseits ist es selbstverständlich, daß in diesen Stunden
des entscheidenden Ringens und der entscheidenden Entwicklungen eine
offizielle Kundgebung für unzweckmäßig gehalten wird. Es ist eine Binsen-
wahrheit, daß über den Friedensschluß die militärische Lage entscheidet,
und daß im gewaltigsten Koalitionskrieg der Weltgeschichte der Friede
nicht diktiert, sondern durch Verhandlungen erzielt wird. Es
ist die Binsenwahrheit aller Verhandlungen, daß man seine Forderungen,
abgesehen von den allgemeinsten, grundsätzlichsten, nicht auf dem Markt