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Italien.
„Italien ist von der Ueberzeugung durchdrungen, baß es ohne seln Haupt,
ohne sein Herz, ohne Rom nicht leben kann, das ihm gehört. Drum vor-
wärts und vor allem ausgeharrt! Die Amerikaner haben 14 Jahre lang den
ruhmvollen Kampf bestanden, der sie zum mächtigsten und freiesten Volk der
Welt gemacht hat. Für uns werden, wenn wir recht einig sind, wenige
Monate genügen.“
22. Oct. Furchtbare Aufregung in Florenz. Rattazzi verwaltet die Ge-
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schäfte nur noch provisorisch, während Cialdini kein Ministerium zu
Stande zu bringen scheint. Wiederholte Massendemonstrationen.
Proclamation des Central-Hilfscomit".
Garibaldi antwortet einer solchen: „Ihr ermuthigt mich und ich er-
muthige Euch. Wir müssen nach Rom gehen, um jeden Preis. Wir werden
nach Nom gehen mit der Armee und mit dem König Victor Emanuel. Wir
werden nach Rom gehen; dafür bürge ich Euch. Lebt wohl und vergeßt
nicht, daß sich in diesem Augenblick unsere Brüder in Rom gegen die
Sbirren des Papstes schlagen.“ Proclam. des Central-Hilfscomité
in Florenz: „Nom ist aufgestanden! Unsere Brüder kämpfen, um Italien
die Hauptstadt zurückzugeben. Zaudern wir nicht länger! Die seit Jahr-
hunderten ersehnte Stunde hat geschlagen. Nach Rom! nach Roml dieß sei
unser Feldgeschrei, unser Ziel!"
.aribaldi geht am Nachmittag ungehindert mit einem Expreßzug
von Florenz nach Foligno ab, von wo er sofort das Unternehmen
beginnt. Mißlungener Aufstandsversuch in Rom selbst (s. Rom).
„ Cialdini verzichtet darauf, ein Ministerium zu bilden. Die
Nachricht wird telegraphisch nach Paris gemeldet, wo der Minister-
rath zusammentritt und die Intervention in Rom beschließt.
Garibaldi ist bis Monte Rotondo vorgedrungen. Die pädpstl.
Regierung ruft alle ihre Truppen aus der Provinz zurück und con-
centrirt sie in Rom, das in Belagerungszustand versetzt wird.
„ Cialdini will es doch noch versuchen, ein Ministerium zu bilden.
Die Nachricht wird wiederum nach Paris telegraphirt und das in
Toulon schon zur Abfahrt bereite Geschwader nochmals zurück-
gehalten. Abends trifft jedoch in Toulon der definitive Befehl aus
Paris ein, in See zu gehen.
Beginn des Verkaufs der Kirchengüter in Florenz.
„ Imposante Demonstrationen in Turin und Florenz gegen Rom.
Bildung eines Ministeriums Menabrea und Proclamation des Königs
gegen das Unternehmen Garibaldis:
„Banden von Freiwilligen, aufgereizt und verführt durch das Werk einer
Partei, haben weder mit Meiner Ermächtigung noch mit jener Meiner Re-
gierung die Grenzen des Staats verletzt. Die gleicherweise von allen Bürgern
den Gesetzen und den vom Parlament und Mir sanctionirten internationalen
Abmachungen schuldige Achtung schreiben Uns unter diesen ernsten Verhält-
nissen eine unerbittliche Ehrenpflicht gegen Europa vor. Man weiß, daß
das in den uns benachbarten Gebieten erhobene Banner, auf welchem die
Vernichkung der obersten geistlichen Gewalt des Oberhaupts der katholischen
Religion geschrieben steht, nicht das Meinige ist. Dieser Versuch versetzt das
gemeinsame Vaterland in eine schwere Gefahr, und legt Mir die gebieterische
Pflicht auf, gleichzeitig die Ehre des Landes zu retten, und nicht zwei gänz-
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