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Schwelz.
oder über Gebühr verschleppt wurde; 6) daß das Vertrauen der öffentlichen
Meinung in die Justizpflege des Cantons erschüttert worden ist theils durch
eine Anzahl verwerflicher Urtheilssprüche, theils durch die Bloßstellung der
moralischen Würde und Unabhängigkeit einzelner Justizbeamten — beschließt:
4) es sei eine Verfassungsrevision durch einen Versassungsrath und Erneuerung
der gesetzgebenden sowie der obersten Verwaltungs= und Justizbehörden des
Cantons anzüstreben; 2) es ist ein Ausschuß von sieben Mitgliedern zu
wählen, welcher sich mit den Vertrauensmännern der andern Landestheile in
Verbindung setzen wird, um durch Sammlung der 10,000 Unterschriften die
Verfassungsrevision zu ermöglichen und überhaupt mit allen gesetzlichen
Mitteln das angestrebte Ziel zu verfolgen.“
29. Nov. Der Bundesrath nimmt die Einladung der franz. Regierung
zur Theilnahme an europäischen Conferenzen über die römische
Frage an:
„.. Dieser zustimmenden Erklärung glaubt jedoch der Bundesrath noch einige
freimüthige Bemerkungen beifügen zu sollen. Es liegen seit längerer Zeit
in Rom zwei große Interessen mit einander im Streit, das eine religiöser
Natur, wurzelnd im Bedürfniß der Unabhängigkeit des Oberhauptes der
katholischen Kirche, das andere politischer Natur, bestehend in den Bestrebungen
des römischen Volks seine Staats= und Regierungsform selbständig zu be-
stimmen. Man wird billigerweise die Berechtigung dieser beiden Interessen
nicht verneinen, und der vorhandene Streit wird nicht wohl anders zu einem
dauernden Abschluß gelangen können als durch Anerkennung und Befriedigung
der beiderseitigen Interessen. Ob zur Erreichung dieses Ziels nicht einc vor-
gängige Verhandlung der kaiserlichen Regierung mit den Hauptinteressenten
wünschbar gewesen wäre, vermag der Bundesrath nicht zu beurtheilen. Er
kann seinerseits ganz den im Einladungsschreiben bezeichneten Weg einer freien
Berathung ohne vorherige Fesistellung eines Programms acceptiren. Dagegen
scheint es dem Bundesrath, dieser letztere Standpunkt habe wieder seine be-
sondern Bedingungen und Consequenzen. Eine erste Bedingung einer freien
Berathung ist wohl die, daß die europäische Conferenz eine nicht schon ein-
seitig präjudicirte Sachlage vor sich habe. In Folge des von Sr. Majestät
dem Kaiser selbst angekündigten baldigen Aufhörens der bewafssneten Znter-
vention im Kirchenstaat, glaubt indeß der Bundesrath einer weitern Erörter--
ung dieses Punktes enthoben zu sein. Als weitere Folge betrachtet der Bundes-
rath den Grundsatz, daß einer Schlußnahme nur in so weit rechtliche Wirk-
ung zukommen dürfe, als solche von den Betheiligten selbst acceptirt worden
ist. Endlich muß jedem Theilnehmer wohl das Recht zustehen, sich von den
Conferenzen zurückziehen zu dürfen, salls die Verhandlungen einen Gang
nähmen, welcher mit dessen politischen Grundsätzen nicht vereinbar wärc.
Der Bundesrath muß schon jetzt erklären, daß er nur zu Schlußnahmen mit-
wirken kann, welche den Grundsätzen entsprechen, auf welchen das politische
System der Schweiz selbst beruht..
„ Der preuß. Gesandte übermittelt dem Bundesrathe die Erklärung,
daß den sog. hannover'schen Flüchtlingen bis zum 1. Januar die
straffreie Rückkehr in ihre Heimath offen stehe. Eine frühere Zähl-
ung derselben hat 228 solcher Flüchtlinge ergeben, eine neue con-
statirt deren 383.
2. Dec. Eröffnung der Bundesversammlung.
3.
„ Der Ständerath tritt dem unter dem 5. Juli vom National-