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Rnßland.
tionen oder alten Verträge verzichten. Die Vorstände der christlichen Religions-
genossenschaften werden die Privilegien und Immunitäten, deren sie seit Alters
her genießen, beibehalten, haben sich indeß den Gesetzen zu unterziehen und
ihre Streitigkeiten von den competenten Gerichten entscheiden zu lassen, ohne
an fremde Intervention oder Protection recurriren zu dürfen. Die Verwal-
tung der Zölle, Posten, Telegraphen, Eisenbahnen, Reichsstraßen und Ca-
näle 2c. steht der Centralregierung zu, die die Beamten hiefür unter allen
Unterthanen des Sultans ohne Unterschied auswählt. — Die Anwendung
dieser Maßregel könnte indeß erfahrungsgemäß nicht dem ausschließlichen
Belieben der türkischen Regierung überlassen werden. In ihrem eigenen
Interesse wie in dem der Bevölkerungen der européischen Türkei müssen
Klippen vermieden werden, an denen alle früheren Versuche gescheitert sind.
Es genügt indeß, ernsthafte Garantien der Aufrichtigkeit und des praktischen
Werthes eines Unternehmens darzubieten, das im Orient in die Hand ge-
nommen und durchgeführt werden muß, wenn künftige Verwickelungen und
großes Unglück verhütet werden sollen. Ohne diese Garantien, die nur in
der Cooperation der europäischen Mächte liegen können, dürften alle Bemüh-
ungen an einem Widerstande der christlichen Bevölkerungen scheitern, der zwar
passiv aber hartnäckig und unübersteiglich ist, da dieselben schon zu grausame
und zu häufige Enttäuschungen erfahren haben, um sich ferner auf den guten
Hten und auf die Geschicklichkeit der muselmännischen Behörden zu ver-
assen.“
— April. (Polen). Die Ruthenen im Gouvernement Lublin, der größte
Theil der Bevölkerung desselben und die bisher der griechisch-unirten
Kirche angehörten, werden einfach wieder mit der orthodoxen Kirche
vereinigt, indem das Consistorium den Geistlichen desselben den
Befehl zugehen läßt, im Privat= und amtlichen Verkehr mit ihren
Pfarrkindern sich fortan nicht mehr der polnischen, sondern aus-
schließlich der russischen Sprache zu bedienen und alle in den unirten
Ritus aufgenommenen römisch-kath. Kirchengebräuche sofort zu beseitigen.
4. Mai. Eröffnung der sog. ethnographischen Ausstellung in Moskau.
16.
20.
22.
„ Rußland tritt der Genfer Convention für die Verwundeten im
Kriege bei.
„ Ankunft der Deputation der österr. Slaven zur sog. ethnogra-
phischen Ausstellung Moskau's in St. Petersburg, wo sie in demon-
strativ-flavischem Sinne gefeiert wird.
„ (Polen). Ein kais. Ukas verfügt auf den Antrag des Comité
für die Angelegenheiten des Königreichs Polen in Erwägung, daß
die diplomatische Verbindung zwischen dem kaiserlichen Hofe und der
römischen Regierung aufgehört hat, u. a. folgende Bestimmungen,
betreffend das Verhältniß der römisch-katholischen Geistlichkeit und
der Privatpersonen des römisch-katholischen Bekenntnisses zu dem
Oberhaupte ihrer Kirche:
1. Alle Angelegenheiten der dem russischen Scepter auch in dem König-
reiche Polen untergebenen Personen des römisch-katholischen Bekenntnisses,
der geistlichen wie der weltlichen, welche ihrer Natur nach eine Mittheilung
an den Papst erfordern, unterliegen der Verwaltung des römisch-katholischen
geistlichen Collegiums in St. Petersburg. Deßhalb sind Bittgesuche in allen