Nußland. 429
20. Juni. (Polen.) Ein k. Ukas befiehlt die Einstellung weiterer Ver-
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mögensconfiscationen wegen Betheiligung an der Insurrektion von
1863, aber ausdrücklich nur für Polen, nicht auch für die sog. west-
lichen Gouvernements.
„ Fürst Gortschakoff wird anläßlich seines 50jährigen Dienstjubi-
läums vom Kaiser zum Reichskanzler ernannt.
„ (OÖstseeprovinzen). Der Kaiser empfängt in Riga die Behörden
und die Kaufmannschaft und spricht sie in russischer Sprache an.
Das ungewehnte Benehmen des Kaisers erregt im Lande große Be-
sorgnisse.
„Mir sind Ihre ungeheuchelten Ergebenheitsgefühle bekannt. Mein Ver-
trauen zu Ihnen ist stets dasselbe, doch vergessen Sie nicht, daß Sie einer
Familie angehören und einen untrennbaren Theil Rußlands bilden. Ich hoffe
zuversichtlich auf Ihre Mitwirkung für die Resormen in den Ostseeprovinzen."
7. Juli. (Baltische Provinzen). Ein Erlaß des russ. Kriegsministe-
riums geht noch über den Ukas vom 3. Jan. 1850 hinaus. Der
Commandirende der Truppen in den Ostseeprovinzen, General Alde-
binsky, gibt davon den Truppen des Niga'schen Militärbezirks (d. h.
allen drei Ostseeprovinzen) folgendermaßen Kenntniß:
„Nach Durchsicht des Memorials des Ministers der Volksaufklärung über
die Mittel zur Stärkung des Unterrichts der russischen Sprache im Dorpater
Lehrbezirke hat das Minister-Comité zum Ausgangspunkte seiner Erwägungen
den Umstand genommen, daß der Allerhöchst am 3. Jan. 1850 bestätigte
Beschluß des Minister-Comité's, betrefsend die Einführung der Correspondenz
in russischer Sprache in den Kronbehörden der Ostsee-Gouvernements, unge-
achtet der wiederholten Versuche der örtlichen Obrigkeit zur Realisirung der-
selben, bis zur gegenwärtigen Zeit ein todter Buchstabe geblieben ist, und
mittels Journals vom 9. Mai d. Is. unter anderen Maßnahmen für noth-
wendig anerkannt und beschlossen, die besondere Aufmerksamkeit der Minister
und der Ober-Dirigenten der einzelnen Verwaltungen darauf zu lenken, daß
es gegenwärtig unumgänglich sei, durch vereinte Anstrengungen aller Ressorts,
die in der That unaufschiebbare Erfüllung des monarchischen Willens hin-
sichtlich der Einführung des Geschäftsganges in russischer Sprache in den
Kronbehörden der baltischen Provinzen, welche in dem Allerhöchst am 3. Jan.
1850 beslätigten Beschlusse des Minister-Comité's ausgedrückt ist, ins Werk
zu setzen. Auf das erwähnte Journal des Comité's ist am 1. Juni d. J.
die eigenhändige Resolution Sr. Kaiserl. Majestät erfolgt: „Zu ersüllen.“
Um dem oben ausgeführten Allerhöchsten Befehle Seitens des Kriegs-Mini-
steriums Erfüllung zu geben, hat der Kriegsminister für nothwendig aner-
kannt, folgende Maßregeln zur unverweigerlichen Erfüllung zu ergreifen:
1) dem Chef der Riga'schen Junkerschule zur unabänderlichen Pflicht zu
machen, bei der Ausnahme von Junkern und Freiwilligen aus den Einge-
borenen der baltischen Provinzen in die genannte Schule von denuselben die
sichere Kenntniß der russischen Sprache zu fordern und nur bei vollständig
befriedigender Kenntniß dieser Sprache sie für würdig zu erklären, zu Offi-
zieren befördert zu werden. 2) Allen Militär-Verwaltungen des Riga'schen
Militärbezirks zu verbieten, irgend welche Schreiben in einer anderen Sprache
außer in russischer entgegenzunehmen; nur angereisten Ausländern zu ge-
statten, Biltschriften in ihrer Muttersprache einzureichen, jedoch auch das nicht
anders, als mit Hinzufügung eines russischen Translats, dessen Richtigkeit