Rußlaud. 433
vernements in russischer oder in einer anderen Sprache an sie gelangen, den
Bittstellern zurückgeben; solche Schriften werden vom Gerichte angenommen, und
auf seine Verfügung wird eine genaue deutsche Uebersetzung zur weiteren vor-
schriftsmäßigen Verhandlung der Sache angefertigt.“ Im Jahre 1847 wurde
ein Gesetz erlassen, welches kaum eine Veränderung enthielt und als An-
merkung zu Art. 121 seine Stelle im Provinzialrechte gefunden hat. Diese
Anmerkung bestimmt: „Behufs der Abfassung von Schriften in russischer
Sprache für die Correspondenz mit den allgemeinen Behörden und Verwalt-
ungen des Reiches und den Behörden anderer Gouvernements gibt es in den
Behörden der Ostsee-Gouvernements besondere Expeditionen oder Translateure."
Erst das Gesetz vom 3. Jan. 1850, das als Anmerkung 2 zu Art. 121 des
ersten Theiles in den Provinzial-Codex aufgenommen wurde, brachte eine
wirkliche Beschränkung des officiellen deultschen Sprachgebrauchs (s. oben
13. Juni). Visher hatte diese gesetzlich# Bestimmung nicht zur Ausführung
elangen können, weil sie nicht nur nicht einem vorhandenen Bedürfnisse ent-
sorach- sondern den thatsächlichen Verhälktnissen schnurstracks zuwiderlief. Nun
aber wurde der im vierten Punkte vorbehaltene Termin durch den vom Kaiser
bestätigten Beschluß des Minister-Comité's v. 13. Juni als definitiv einge-
treten bezeichnet. Zu diesem Eingriffe in die Landesprivilegien hält sich die
Regierung für vollkommen berechtigt, da die Provinzen sich den „Grundsätzen
der Reichseinheit“ bedingungslos zu unterwerfen hätten, und in der That
haben die Kaiser Alexander I., Nikolaus und Alexander II. bei ihrer Thron-
besteigung die Privilegien der baltischen Lande nur unter dem auedrücklichen
Vorbehalte confirmirt: „so weit sie den allgemeinen Institutionen und Ge-
setzen unseres Reiches entsprechen.“ Diese Klausel muß jetzt dazu dienen,
um gegen das Deutschthum der Ostseeprovinzen vorzugehen.
18. Dec. (Baltische Provinzen.) Der Kaiser verweigert die Annahme
der Adresse des livländischen Landtags in der Sprachenfrage.
28