Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Deutsch- 
land. 
Vebersicht der Ereignisse des Jahres 1367. 
und mußte sie jeden Augenblick auch nur die flüchtigste Erwägung 
der in Deutschland selbst mannigfaltigen Parteiansichten und Partei- 
kämpfe beruhigen. Aber zugleich mit dem Rufe nach einem Par- 
lament war ja auch derjenige nach einer Centralgewalt erhoben 
worden und diese Seite der Frage war es, die sie unmöglich gleich- 
giltig lassen konnte. Für die Großmächte mußte alles darauf an- 
kommen, wie diese Centralgewalt gebildet werde. Wurde sie födera- 
listisch zusammengesetzt, so mochten sie sich auch dießfalls beruhigen, 
denn dann blieb ja der alte Antagonismus zwischen den beiden 
Großmächten unter sich wie zwischen ihnen und den für ihre Son- 
veränetät und Selbständigkeit besorgten Mittelstaaten, folglich Deutsch- 
land schwach wie bisher, jedenfalls nicht wesentlich stärker. Eine ganz 
andere Tragweite dagegen hatte die Frage, wenn es sich um die 
Schaffung einer starken, also einheitlichen Centralgewalt handeln 
sollte. Eine einheitliche Centralgewalt, gleichviel ob sie in die 
Hände Oesterreichs oder Preußens gelegt werden mochte, der aber 
doch zum mindesten die oberste Leitung der Diplomatie, sowie die 
oberste Leitung der gesammten deutschen Streitkräfte übertragen 
werden mußte, wie ausgedehnt man sich daneben auch die Befugnisse 
des Parlaments denke, wie autonom man immerhin die Stellung 
der Einzelstaaten in allem Uebrigen belassen mochte, eine solche 
Centralgewalt bedeutete nicht mehr und nicht minder als eine vollständige 
Verschiebung der bisherigen Machtverhältnisse, auf der das System 
Europas beruhte. Eine solche Centralgewalt, überhaupt die Schaffung 
einer wirklichen Deutschen Macht, kounte unmöglich dem Interesse 
Frankreichs noch dem Interesse Rußlands entsprechen. Beide, das 
eine wohl nicht minder als. das andere, trösteten sich damit, daß die 
Gefahr keine gar drohende sei, und daß ihr jedenfalls ein Kampf 
auf Leben und Tod zwischen den beiden rivalisirenden deutschen 
Großmächten vorausgehen müsse und daß der Ausgang desselben 
wenigstens zweifelhaft sei, höchst wahrscheinlich aber zunächst die 
Schwächung beider zur Folge haben werde. Nur darum konnte es 
dem Staatsmanne, der an der Spitze Preußens den Krieg von 
1866 vorbereitete, gelingen, die beiden Großmächte zu einer vor- 
läufigen „aufmerksamen“ Neutralität zu bewegen, bis es zu einem 
rechtzeitigen Eingreifen zu spät war. Nußland, dessen Interessen 
das Emporkommen einer starken und völlig selbständigen deutschen
	        
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