Aebersicht der Ereignisse des. Jahres 1867. 499
lassen, welche Preußen nach einem ähnlichen Unglücke seit dem Deste-
Jahre 1806 durchzumachen berufen war. rich.
Die Niederlage von 1867 traf Oesterreich in einer merk-
würdigen Art von innerer Auflösung. Die Niederlage von Solferino
im Jahre 1859 hatte dem absoluten Regimente, das nach 1848
wieder emporgekommen war, ein Ende gemacht und der Einführung
der constitutionellen Staatsform die Bahn gebrochen. Aber wenn
auch das absolute Regiment hatte preisgegeben werden müssen, die
absolutistischen Ideen waren in der Hofburg zu Wien nach wie vor
am Ruder geblieben und man dachte dort, mit constitutionellen
Formen sich den Forderungen des Zeitgeistes gegenüber abzufinden,
ohne die Ideen der Neuzeit sich selber aneignen zu müssen. Das
Concordat, der prägnanteste Ausdruck der alten Zeit, sollte außer
Frage bleiben, Herr v. Schmerling mußte es als ein noli me tangere
betrachten und er selber mit sammt dem Reichsrathe blieb im Grunde
nur geduldet, weil es absolut unmöglich war, ohne eine Volksver-
tretung weitere Anlehen aufzubringen und ohne weitere Anlehen un-
möglich, den großen Heeresstand aufrecht zu erhalten, den namentlich
Oesterreichs Stellung in Italien durchaus erforderte. Sobald daher
der Reichsrath Miene machte, das geradezu liederliche Finanzwesen
ordnen und Einnahmen und Ausgaben wenigstens allmälig ins Gleich-
gewicht zu bringen und zu diesem Ende hin auch im Militärwesen
Ersparnisse durchzuführen, hatte er gewissermaßen seinen Zweck ver-
loren und wurde Herr v. Schmerling entlassen, die Verfassung wieder
sistirt. Graf Beleredi, ein böhmischer Cavalier, übernahm mit einigen
anderen Grafen, dem sog. Grafenministerium, das Regiment und
gedachte; auf die sog. historisch-politischen Individualitäten der ver-
schiedenen Kronländer gestützt, Oesterreich zu einer Art Föderativ-
staat mit absoluter Spitze umzuwandeln, in dem der Schwerpunkt
auf die slavischen Elemente des Reichs gefallen und die alten historischen
Adelsgeschlechter das Regiment geführt hätten. Zu diesem Ende hin
war auch mit Ungarn angeknüpft und eine Art Ausgleich eingeleitet
worden, der aber auch dort nicht den Forderungen Deaks, des po-
pulärsten Mannes im Lande, und der Mehrheit des ungarischen
Landtags genügen, sondern ganz entsprechend den Planen für die
deutsch-slavischen Provinzen auch in Ungarn das Heft dem sog.
alt-conservativen Adel, der bis 1848 regiert hatte, in die Hände
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