Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Uebersicht der Ertignisse des Jahtts 1867. 
Dester· namenilich jeder vom andern verlangte, daß er den ersten Säritt 
thue, wozu sich eben um der Consequenzen willen der eine so wenig 
als der andere entschließen konnte. Erst die Noth führte beide zu- 
sammen und zu der verständigen, so naheliegenden Einsicht, den Aus- 
gleich mit allen seinen Concessionen von der einen und ron der an- 
dern Seite in einen Act und ein Ganzes zusammenzufassen und so 
die Concessionen des einen von Anfang an mit denen des andern 
zu compensiren, so daß dem Selbstgefühl keines von beiden zu nahe 
getreten würde. Daß dabei von den Forderungen der Ungarn aus- 
gegangen wurde und nicht von denen des Reichs und der keiserl. 
Regierung, war eine natürliche und nicht auszuweichende Folgce der 
Lage. Binnen Monatsfrist gelang es, sich über alle wesentlichen 
Punkte zu einigen. Ungarn verzichtete auf die reine Personalunion, 
obgleich eine starke Partei sie entschieden verlangte und gab die Ge- 
meinsamkeit der Diplomatie und des Heeres wenigstens bis zu einem 
gewissen Grade zu, dagegen keine Gemeinsamkeit der Finanzen und 
bestand auf einer Form der Behandlung dieser gemeinsamen Angele- 
genheiten, die sich der bloßen Personalunion wenigstens annäherte, indem 
sie durch Delegationen beider Reichshälften erfolgen sollte, die nur 
schriftlich mit einander verhandeln, nur im Fall einer Nichteini- 
gung in gleicher Anzahl zusammentreten und ohne Debatte einfach ab- 
stimmen sollten, so daß dem Kaiser die letzte Entscheidung zufiel, wenn 
auch so keine Mehrheit der Stimmen erzielt werde. Die definitive 
Einverleibung Siebenbürgens, die Wiederunterordnung Croatiens 
(mit der Militärgrenze, aber ohne Dalmatien) und die Einsetzung 
eines eigenen ungarischen Ministeriums waren selbstverständlich wei- 
tere Punkte des Ausgleichs, wogegen die Ungarn ihrerseits die noth- 
wendige Revision der 48er Gesetze versprachen. Um ihren guten 
Willen zu zeigen, nahm die sog. 67er Commission des ungarischen 
Landtags den von ihrem Subcomité längst ausgearbeiteten Gesetz- 
entwurf über die gemeinsamen Angelegenheiten und ihre Behandlung 
noch während der Ausgleichsunterhandlungen in Berathung und me- 
difizirte ihn nach den Ergebnissen der letzteren mit großer Mehrheit, 
so daß an seiner Annahme durch die Majorität des Landtags nicht 
gezweifelt werden konnte, während in Wien über die Personalien des 
ungarischen Ministeriums verhandelt und auch diese Frage ohne be- 
sondere Schwierigkeit erledigt wurde. Am 17. Febr. verkündeten
	        
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