Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1867. 505
kaiserliche oder vielmehr königliche Rescripte den Ungarn den vollzo- bre
genen Ausgleich und die Ernennung des ungarischen Ministeriums,
worin jener seinen Ausdruck fand. Der Ausgleich war damit eine
vollendete Thatsache, die Grundlagen der Neugestaltung des Reichs
gegeben, ohne daß die cisleithanische Reichshälfte dabei gehört oder
zu Rathe gezogen worden wäre. Practisch war auch kaum ein an-
derer Weg übrig geblieben, um rasch und sicher zu einem Ende zu
kommen. Jener Hälfte blieb somit nicht viel anderes übrig, als das
Geschehene gut zu heißen, die noch offen gebliebenen Punkte zu re-
geln und sich auf der nun einmal gegebenen Grundlage auch ihrer-
seits nach ihren Bedürfnissen und ihren Anschauungen einzurichten.
Sie dazu zu bewegen und sich mit ihr über das nun Erforderliche
zu verständigen, war die nächste Aufgabe der kaiserlichen Regierung
und des Hrn. v. Beust.
Sie war keine ganz leichte, weil die deutsche Bevölkerung des
Reichs zu einem guten Theile festhielt an dem centralistischen Ge-
danken und jedenfalls noch viel schwerer auf die neue Gestaltung
eingegangen wäre, wenn sie den Ausgleich in allen seinen Conse-
qduenzen, wie er sich später namentlich in finanzieller Beziehung ge-
staltete, damals indeß noch nicht vorlag, zu überschauen vermocht
hätte. Die Slaven aber wollten von einem dualistischen Aufbau gar
nichts wissen, die böhmischen Czechen zumal, die für die böhmische
Krone und deren angebliche Nebenländer Mähren und Schlesien eine
Stellunggleich dem Königreich Ungarn und seinen Nebenländern träumten,
obgleich sie dazu weder eine historische Berechtigung aufzuweisen hatten,
noch die politischen und Culturbedingungen in sich trugen. Dafür aber
wurden sie von einem Theile des böhmischen Feudaladels in ihren Präten-
sionen unterstützt, weil dieser darin den letzten Hort für ihre Interessen
erkannte, während jene sich ihm lediglich in die Arme warfen, um desto
eher zum Ziele zu kommen. Die Frage über den Ausgleich und die dua-
listische Neugestaltung des Reichs mußte zunächst auf den Landtagen
der Kronländer und dann im Reichsrathe durchgekämpft werden. Die
Neuwahl der ersteren war am 2. Jan. zugleich mit der Einberufung
des außerordentlichen Reichsrathes angeordnet worden und erfolgte zu
Anfang Februars noch in den letzten Tagen Belcredis und vor Zu-
rücknahme des außerordentlichen Reichsraths. Sie fiel in den rein
deutschen Provinzen in entschieden deutschem und oppositionellem, in