506 Uebersicht der Ertignisse des Jahrts 1867.
W den deutsch-slavischen Provinzen dagegen, in Böhmen und Mähren,
in prägnant czechischem Sinne aus, indem unter dem Einflusse Bel-
credis und seiner Beamten sogar der deutsche Großgrunbbesitz dieser
Kronländer fast ausschließlich Repräsentanten der feudal-czechischen Partei
wählte, so daß die Czechen weit das Uebergewicht hatten und die Deut-
schen sich in eine entschiedene Minderheit herabgedrückt sahen. Gleich
darauf erfolgte indeß der Umschwung in Wien, der Rücktritt Belcredis,
der Abschluß des Ausgleichs mit Ungarn und das Fallenlassen des
außerordentlichen Reichsraths. Als daher die Landtage am 18. Febr.
zusammen traten, wurden sie einfach aufgefordert, statt in jenen viel-
mehr in den ordentlichen Reichsrath zu wählen. Die deutschen Land-
tage waren dessen sehr zufriecden und trafen ihre Wahlen, ebenso
diejenigen der südlichen Kronländer, in denen die Dinge trotz der
überwiegend slavischen Bevölkerung doch wesentlich anders liegen.
Nicht so dagegen in Böhmen, Mähren und Krain: die turbulenten
Czechen Böhmens namentlich protestirten sehr verständlich gegen die
Rechtsbeständigkeit der Februarverfassung mit der Erklärung, daß
Böhmen nicht geneigt sei, in dem „Staatsgebilde einer westlichen
Reichshälfte aufzugehn“ und verweigerten die Wahlen in den Reichs-
rath, es wäre denn im Sinne des Sistirungspatentes von 1865
und des außerordentlichen Reichsraths d. h. nach anderem den Slaren
günstigerem Wahlmodus und als eine Art von constituirender Ver-
sammlung nicht auf Grund der Verfassung. Dasselbe thaten in
etwas milderer Form die Landtage von Mähren und von Krain und
unter dem Einflusse der ultramontanen Partei und im Interesse der
sog. Glaubenseinheit sogar der Landtag Tyrols. Die drei ersteren
wurden sofort unter Anordnung von Neuwahlen aufgelöst, der letz-
tere dagegen mit derselben Maßregel einstweilen verschont. Die Neu-
wahlen zu Ende März ergaben dann freilich ein entgegengesetztes
Resultat, indeß doch nur in Folge eines sehr starken Drucks der
Regierung auf die Großgrundbesitzer in Böhmen und Mähren, die
früher fast ganz in czechischem, jetzt dagegen fast ganz in deutschem
Sinne wählten. Im April traten diese Landtage zusammen und
bestellten ihre Landesausschüsse nunmehr ganz in deutschem Sinne
und schickten auch fast ausschließlich deutsch-gesinnte Abgeordnete in
den Reichsrath. Die Czechen und der zu ihnen haltende Feudaladel
Böhmens und Mährens warfen sich dagegen in die erbittertste leiden-