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Uebersicht der Ertignisse des Jahres 1867.
Oester= neues Licht und verstärkte in dem deutschen Theile Oesterreichs, wie
reich.
die dortige Presse energisch an den Tag legte, den Antagonismus
zwischen Oesterreich und Rußland, der mit Rücksicht auf die derein-
stige Lösung der orientalischen Frage zwischen beiden ohnehin ob-
waltet und in der Natur der Dinge gegründet ist.
Auf die Lösung der Ausgleichsfrage und der Reconstruction
des Reichs äußerte die Moskauer Pilgerfahrt der österr. Slaven kei-
nerlei Einfluß. Ungestört trat der Reichsrath am 22. Mai zusam-
men und wurde vom Kaiser mit einer Thronrede eröffnet, in der er
den Ausgleich mit Ungarn als eine vollendete Thatsache hinstellte und
einfach die Hoffnung aussprach, daß der Reichsrath dem „befriedi-
genden Abkommen“ seine Zustimmung nicht versagen werde, indem
er beifügte, daß „die neue Ordnung der Dinge, indem sie die ver-
fassungsmäßigen Rechte und Freiheiten der Länder der ungarischen
Krone mit neuen unumstößlichen Bürgschaften umgebe, gleiche Sicher-
heit für die übrigen Länder im nothwendigen Gefolge haben müsse“
und diesen überdieß jede „Autonomie-Erweiterung“, zu der der Reichs-
rath die Hand bieten könnte, in Aussicht stellte. Der Reichsrath
nahm in seiner Antwortsadresse die vollendete Thatsache hin, aber
nur, um desto energischer auf die durchgreifendste Veränderung des
gesammten Regierungssystems zu dringen, indem er nachdrücklich be-
tonte, daß „das natürliche Rechtsgefühl in dieser Reichshälfte nur
dann befriedigt werden könne, wenn die verfassungsmäßigen Rechte
des Reichsraths mit Bürgschaften gleichen Werths umgeben werden,
wie jene, deren sich die ungarische Verfassung erfreut." Die zu-
nächst liegenden Forderungen in dieser Beziehung wurden des wei-
teren ausgeführt und nunmehr kühn bis zur unumwundenen For-
derung einer Revision des Concordats ausgedehnt, die für eine „un-
abweisliche" Nothwendigkeit erklärt ward. Aehnlich, wenn auch be-
züglich der Freiheitsforderungen sehr viel zurückhaltender sprach sich
die Adresse des Herrenhauses aus. Die Neugestaltung des Reichs
auf der Grundlage des Dualismus konnte bereits als außer Frage
betrachtet werden, aber ebenso auch, daß die diesseitige Reichshälfte
ihre Zustimmung dazu nur unter der Bedingung ertheilen werde,
wenn sie einer „Freiheit wie in Ungarn“ theilhaftig gemacht werde.
Und schon durfte man sagen, daß, dieß zu erreichen, lediglich in ihrer