Uebersicht der Ertignisse des Jahres 1867. 523 
Erstellung eines förmlichen, verantwortlichen Bundesministeriums. Preußen. 
Ein zweiter Punkt betraf das Budgetbewilligungsrecht des Reichs- 
tags, das dem preuß. Landtage bezüglich des Militäretats entzogen 
werden sollte, dessen sich aber auch der Reichstag verfassungsmäßig 
bis Ende 1871 völlig begeben und auch für die spätere Zeit nur 
in etwas unklarer und zweifelhafter Fassung gewahrt hatte. Drittens 
endlich fehlte in der neuen Verfassung die Garantie aller und jeder 
Grundrechte und war selbst die Aufnahme der von der preuß. Ver- 
fassung anerkannten geradezu abgelehnt worden. Dazu kamen dann 
noch eine Reihe untergeordneter Punkte, wie der Mangel von Düäten 
und dgl., worüber die Ansichten weiter auseinander gingen, während 
jene ersten kaum bestritten werden konnten. Am 29. April trat der 
preuß. Landtag behufs der Entscheidung zusammen: die Regierung 
legte ihm die norddeutsche Bundesverfassung vor und verlangte seine 
Zustimmung, die Fortschrittspartei dagegen beantragte, wie sie schon 
im Reichstage bei der Abstimmung über das Ganze der Verfassung 
mit Nein geantwortet hatte, so auch jetzt wieder die Ablehnung, die 
sie in einer wohlabgewogenen Resolution (s. S. 114) motivirte. 
Das Resultat war indeß von Anfang an da wie dort nicht zweifelhaft. 
Sieht man von den Feudalen gänzlich ab, so verkannten die beiden 
mittleren Parteien, der Nationalliberalen und der Freiconservativen 
so wie die kleineren Fractionen, die sich an sie anschlossen, das Ge- 
wicht jener Einwürfe keineswegs, aber sie waren der Ansicht, daß 
auf der einen Seite z. Z. mehr nicht habe erreicht werden können 
und auch wenn neuerdings alles wieder in Frage gestellt würde, 
sicherlich nicht mehr werde erreicht werden, und daß auf der andern 
Seite immerhin etwas erreicht sei, eine hinreichend breite Grundlage, 
auf der weiter gearbeitet werden könne. Von dieser Seite wurde 
das Hauptgewicht auf die errungene Einheit gelegt, den Forderungen 
der neuen Stellung nach Außen volle Rechnung getragen und darum 
die neuen Militäreinrichtungen des Bundes wenn auch theilweise 
mit schwerem Herzen gewissermaßen iu den Kauf genommen, wie 
schon im vorigen Jahr aus denselben Motiven der preuß. Armce- 
reform die endliche Zustimmung ertheilt worden war; von der an- 
dern Seite wurde dagegen die Freiheitsfrage in erste Linie gestellt 
und von dieser aus mußte man allerdings zum entgegengesetzten Re- 
sultate gelangen. Nach dreitägiger Verhandlung wurde am 8. Mai