Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Uebersicht der Erelgnisse des Jahres 1867. 529 
und Bayern gingen nicht so weit und erzielten weder unter einander Deusgk- 
noch mit Preußen eine vollständige Uebereinstimmung der Militärs- 
einrichtungen: Württemberg adoptirte u. a. seinerseits das preußische 
Zündnadelgewehr und die preußischen Exercierreglements, während 
Bayern sich nicht dazu entschließen konnte. Immerhin war allseitig 
ein entschiedener Fortschritt erreicht. 
Dieser Fortschritt stand im Zusammenhange mit den Schutz- 
und Trutzbündnissen, die ohne die Reorganisation der süddeutschen 
Streitkräfte im Anschluß an Preußen nur von zweifelhaftem Werth 
gewesen wären. Durch sie war schon im Jahre 1866 die erste 
Brücke über den Main geschlagen worden. Im Jahre 1867 sollte 
ihr eine zweite noch bedeutsamere und festere folgen. Der Krieg 
hatte auch die Zollvereinsverträge aufgehoben und dieselben waren 
nach demselben nur provisorisch mit halbjähriger Kündigung wieder 
hergestellt worden. Preußen hatte sich die definitive Herstellung für 
spätere Zeit vorbehalten und Graf Bismarck war sich vollkommen 
bewußt, was er damit gegenüber den süddeutschen Staaten in der 
Hand hatte. Auch war er vollkommen entschlossen, die Frage zu 
einem zweiten festen Bande zwischen dem Süden und Norddeutsch- 
land zu benützen, ohne doch den Bogen zu überspannen. Ende Mai 
lud er die süddeutschen Regierungen zu einer Conferenz nach Berlin 
ein und Anfangs Juni fanden sich auch die leitenden Minister aller 
vier Staaten daselbst ein, Fürst Hohenlohe, Freiherr v. Varnbüler, 
Herr v. Freydorff und Herr v. Dalwigk. Graf Bismarck legte ihnen 
seine Vorschläge vor. Die alte Zollvereinsverfassung hatte voll- 
kommen der alten Bundesverfassung entsprochen: die Zollgesetzgebung 
lag ausschließlich in der Hand der Regierungen und diese selbst 
waren unter sich nur durch das lockerste Band verbunden; jede Reform 
des Tarifs erforderte der Einstimmigkeit aller Regierungen, selbst die 
kleinste der Kleinen konnte sie durch ihr liberum veto unmöglich 
machen. In der That waren solche auch seither nur je von 12 zu 
12 Jahren und nur unter heftigen Krisen, die jedesmal den Bestand 
des Vereins selbst in Frage stellten, zu erzielen gewesen. Die letzte 
dieser Krisen bei Gelegenheit des französischen Handelsvertrages war 
noch in aller Gedächtniß. Die öffentliche Meinung hatte darüber 
längst den Stab gebrochen; die Handelstage und wo nur einsichtige 
Handels= und Gewerbsleute zusammenkamen, hatten längst und drin- 
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