Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1867. 
Merico. waren, um nach Hause zurückzukehren, war er mit einem Theil 
seiner Truppen nach dem festen Querétaro gezogen, um den von 
Norden anrückenden Heerestheilen der Republikaner zu widerstehen. 
Die Stadt wurde von denselben bald darauf umzingelt und belagert, 
aber mit so schwachen Kräften, daß sie einen langen Widerstand 
hätte leisten können. Da verrieth ihn einer seiner Obersten, mit 
Namen Lopez, die Feinde drangen am 15. Mai während der Nacht 
ein und der Kaiser wurde mit den Generalen Miramon und Mezjia 
gefangen. Die Republikaner stellten ihn vor ein Kriegsgcricht und 
am 13. Juni sprach dieses das Todesurtheil über den unglücklichen 
Fürsten aus. Umsonst verwandte sich die europäische Diplomatie für 
sein Leben, umsonst legte selbst die Regierung der nordamerikanischen 
Union ein Wort für ihn ein. Juarez und seine Regierung, obgleich 
keineswegs rachsüchtig oder blutdürstig, glaubten dem Gesuch nicht ent- 
sprechen zu sollen und daß vielmehr ein Exempel statuirt werden müsse. 
Wenn dereinst die Todesstrafe und zumal für sog. politische Ver- 
brechen überall abgeschafft sein wird, so dürfte die Welt sich darüber 
als über einen großen und richtigen Fortschritt der Humanität freuen 
und die nordamerikanische Union verdient sicherlich alles Lob dafür, 
daß sie nicht daran denkt, den gefangenen Präsidenten der südlichen 
Rebellenstaaten so zu bestrafen, wie er es und hundertmal mehr als 
Kaiser Max verdient hätte, wenn man nur an die entsetzlichen Greuel 
denkt, die vielleicht auf seinen Befehl, jedenfalls aber mit seinem 
Wissen an Tausenden nordstaatlicher Kriegsgefangener ausgeübt 
wurden. Aber so lange die neuen Ideen selbst in Europa nech 
nicht die Oberhand gewonnen haben, mag man es den Mexicanern 
mit Recht nicht verdenken, wenn sie das „Schwert der Gerechtigkeit" 
auf das Haupt dessen fallen ließen, der, ein fremder Mann und ron 
einem fremden Herrscher dazu eingeladen, von einem fremden Kriegs- 
heere unterstützt, in ihr Land einbrach, um sie mit Gewalt zu be- 
herrschen. Der Umstand, daß er der Sprosse eines der älkesten und 
vornehmsten europäischen Fürstengeschlechter war, wog nichts in den 
Augen dieser Republikaner, die von Europa nach diesen Erfahrungen 
allerdings kaum mehr etwas zu besorgen haben, die im Gegentheil 
der Meinung waren, damit auch nur den Gedanken an ein ähnliches 
Unternehmen für immer zu ersticken. Die Bessern unter ihnen 
konnten jedenfalls seinem schweren Geschick ihre Theilnahme und ihr
	        
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