Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Vebersichl der Ereignisse des Jahres 1867. 539 
sein wird. Bis dahin aber wird das Verhältniß zwischen Deutsch= Preußen 
land und Oesterreich in der Schwebe und die süddeutsche Frage eineveiher 
ungelöste bleiben. Der Rest des Jahres bot den verschiedenen Be- 
theiligten keine weitere Gelegenheit mehr, auf die Frage zurückzu- 
kommen. Der Kaiser der Franzosen kam einige Zeit darauf mit dem 
Kaiser von Oesterreich in Salzburg zusammen und es ist so ziemlich 
außer Zweifel, daß die Frage eines Bündnisses gegen. Preußen dort 
gestellt und erörtert wurde. Oesterreich lehnte es ab und Napoleon 
mußte unverrichteter Dinge nach Paris zurückkehren. 
An die Stelle einer Verwickelung im Norden trat in der 
zweiten Hälfte des J. 1867 eine solche im Süden und zwar, wenn 
man die mächtigen Interessen, die dabei ins Spiel kamen, erwägt, 
eine ebenso ernste. Merkwürdiger Weise war ganz ähnlich im J. 1864 
dem deutsch-dänischen Kriege im Frühjahr die französisch-italienische 
Convention bez. Noms im September gefolgt. Trotz aller Ver- 
schiedenheiten, die auf der Händ liegen, besteht zwischen der italieni- 
schen und der deutschen Frage ein innerer Zusammenhang, der, ab- 
gesehen von den Ideen, die beiden zu Grunde liegen und die sich 
nicht auf das Nationalitätsprincip beschränken, von außen durch 
Frankreich einerseits, Oesterreich andererseits vermittelt wurde und 
zum Theil es noch wird. 
In Folge der Convention vom 15. September 1864 hatten Nem. 
die Franzosen zu Anfang Decembers 1866, zwei Jahre, nachdem 
das italienische Parlament sich dem Verlangen derselben Convention 
gefügt und die Hauptstadt von Turin nach Florenz verlegt, Rom 
und den Kirchenstaat geräumt und waren nach Frankreich zurück- 
gekehrt. Am 11. Dec. 1866 wehte die päpstliche Fahne zum ersten- 
mal wieder von der Engelsburg. Der Papst mochte nun sehen, 
wie er mit seinen Unterthanen allein fertig werden könne. Gegen 
einen Angriff von Italien her schützte ihn die von diesem selber und 
freiwillig eingegangene Convention, die überdieß die Unterschrift 
Frankreichs trug; gegen die berechtigten Forderungen der Römer 
wollte Frankreich den Papst und sein clericales Regiment nicht länger 
gewaltsam schützen, nachdem derselbe alle Reformen trotz der wieder- 
holten und dringenden, ja mehr oder weniger selbst drohenden Räthe 
Frankreichs seit zwanzig Jahren aufs bestinmteste abgelehnt oder doch 
an eine geradezu unmögliche Bedingung, die Rückerstattung der ihm 
„geraubten“ Provinzen, geknüpft hatte, und konnte es auch nicht,
	        
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