Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Uebersicht der Ereigulse des Jahres 1867. 
Oester= im Gegentheil nur bestärkt in seinem Entschlusse, fest auf seinem 
Nechte zu beharren. Oesterreich, sein letzter Hort, ist für Nom de- 
finitiv verloren, nicht für Rom freilich, das den Mittelpunkt des 
kath. Glaubens bildet, wohl aber für dasjenige Nom, das den An- 
spruch erhebt, auch die Dinge dieser Welt zu regeln, zu leiten, zu 
beherrschen. Die deutschen Dinge hätten vielleicht eine ganz andere 
Wendung genommen, wenn die geistige Mauer, die seit dem 16. 
Jahrh. zwischen der eigensten, innersten, nicht bloß kirchlichen, son- 
dern auch politischen Entwickelung Deutschlands und dem österreichi- 
schen Staatswesen aufgerichtet worden ist und an der seit jener Zeit 
unablässig mit geschäftigen Händen fortgebaut worden ist, früher ge- 
fallen wäre. Es scheint nicht, daß es im Plane der Vorsehung lag 
und es erfüllte sich daher, was längst mit innerer Nothwendigkeit 
vorauszusehen war. Deutschland und Oesterreich gehen vorerst jedes 
seine besonderen Wege, aber diese Wege müssen und werden, früher 
oder später, in dieser oder jener Form — das weiß allerdings Gott 
allein — wieder zusammenführen und zwar als Deutschland und 
Oesterreich, wenn es dem deutschen Elemente des alten Kaiserstaates 
gelingt, die ihm in demselben gestellte Aufgabe zu erfüllen, das 
Reich zu durchdringen und zusammenzuhalten und vereint mit Ungarn 
deutsche Cultur nach Osten zu tragen. Der Streit mit Nom aber 
ist allerdings noch nicht ausgetragen, er ist in Oesterreich vielmehr 
bloß auf den gleichen Standpunkt gestellt, auf dem er zwischen Rom 
und allen modernen Staaten Europas ohne Ausnahme, zwischen 
Rom und der ganzen modernen Culturentwickelung der Welt ob- 
waltet. Der Papst hat darum auf den 8. Dec. 1869 ein allg. 
ökumenisches Concil nach Rom einberufen; die Absicht, die ihn leitet, 
kann nach der Bulle, die er deßhalb erlassen hat, nicht zweifelhaft 
sein: was der Papst im Syllabus ausgesprochen, soll das Concil 
aufs feierlichste bestätigen. Statt bloß die Auswüchse der Zeit und 
ihre Fehlgriffe zu bekämpfen, was auf ihrem Gebiete zu thun das 
Recht wie die Pflicht der Kirche ist, macht sie verzweifelte und doch 
fruchtlose Versuche, die ganze Entwickelung der geistigen Welt zurück- 
zuhalten und zurückzudrehen. Das beabsichtigte Concil scheint berufen 
zu sein, den Bruch als einen unheilbaren darzulegen und die Ent- 
scheidung vorzubereiten, die schließlich in nichts andrem bestehen kann, 
als in einer vollständigen Trennung zwischen Staat und Kirche.
	        
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