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VNebersicht der Ereignisse des Jahres 1867.
Preußen, vinzen eines großen Staats wenigstens eine gewisse und zwar mög-
lichst liberal bemessene administrative Autonomie zu übertragen. Bei
aller Verschiedenheit findet zwischen der Anwendung desselben Prin-
cips in den beiden Systemen unzweifelhaft ein gewisser innerer Zu-
sammenhang statt. Jeder Schritt Preußens in der gedachten Rich-
tung erleichtert die allmälige Heranziehung des Südens, während die
stramme Einheit Preußens auch in der Verwaltung ihn abstößt und
in ihm die Furcht einflößt vor jener Einheit Deutschlands nicht unter
preuß. Führung sondern unter preuß. Herrschaft, gegen die er sich
allerdings und vielleicht bis zum äußersten wehren dürfte. Diese
Furcht ist durch die Gründung des nordd. Bundes nicht beschwichtigt,
bei Vielen im Gegentheil nur verstärkt worden. Und auch das läßt
sich begreifen. Der Rcichstag des nordd. Bundes trat am 9. Sept.
1867 zu seiner ersten ordentlichen Session zusammen und seither wieder
vom April bis Ende Juni 1868 und hat während beider Sessionen
unzweifelhaft Namhaftes und Anerkennenswerthes geleistetz aber so lange
nicht ein verantwortliches Bundesministerium dem Reichstag gegen-
über steht, so lange fast das ganze Regiment des Bundes hinter
dem Bundeskanzler in den Händen der preuß. Regierung liegt, ohne
daß man eigentlich auch nur klar in das dießfällige Getriebe hinein-
zublicken vermag, ist es sich nicht zu verwundern, wenn Viele der
Ansicht sind, daß es eigentlich nur eines kräftigen Drucks von Seite
Preußens bedürfte, um dem ganzen constitutionellen Apparat des
nordd. Bundes ein Ende zu machen und ihn als das erscheinen zu
lassen, was er in Wahrheit sei, ein bloßes Schattenspiel an der
Wand in den Händen Preußens, und ist es sehr begreiflich, wenn
auch nicht particularistisch gesinnte Süddeutsche Anstand nehmen, sich
für einen Eintritt in den nordd. Bund zu erklären, um vielleicht
mit ihm jenes Schicksal zu theilen. Der Widerstand gegen eine dem
Reichstage nicht bloß moralisch verantwortliche Bundesregierung, die
der öffentlichen Meinung erst neuestens in der Frage der Marine-
anleihe wieder so drastisch entgegen getreten ist, hat in Süddeutsch-
land einen nichts weniger als glücklichen Eindruck gemacht. Graf
Bismarck scheint allerdings trotz seiner Haltung in dieser Frage seiner-
seits den nordd. Bund ernsthaft wenn auch langsam zur vollen
Wahrheit machen zu wollen und ein sehr namhafter Theil der Na-
tion vertraut auf seinen Willen und seine Energie. Aber es ist