Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

 
78              Preußen und der norddeutsche Bund. 
Einem Bundesgenossen nach dem siegreichsten Kriege, ist kein Fürst des Hauses 
Hohenzollern im Stande, ein Haar zu krümmen. Wenn Sie sich aber mit 
unseren Feinden liiren, obschon Sie dieselben Interessen mit uns haben, 
wenn Sie zwischen Hamburg, Minden und Köln einen Staat schaffen, von 
dem wir befürchten müssen, daß er jede Verlegenheit Preußens nach außen 
benutzt, jede Front, die wir nach dem Süden machen, um uns, ich will nicht 
sagen, den Dolch ober die Waffe in den Rücken zu rennen, ein solcher Staat 
kann mit unserem Willen nicht bestehen, seine Fortexistenz wäre unverträglich 
mit der Preußens; und derjenige preußische Minister, der die erste Gelegen- 
heit, die sich zur Beseitigung eines solchen Hannovers darbictet, versäumt 
hätte, verräth sein Land, verräth Deutschland! (Stürmisches, anhaltendes 
Bravo). Sie hätten uns diese Gelegenheit nicht geben, diese Verpflichtung 
nicht auferlegen müssen. Wir haben lange unterhandelt, vielleicht zu lange 
über ein Bündniß mit Hannover, wir haben noch bei Langensalza unterhandelt. 
Woran scheiterten diese Unterhandlungen mit Hannorer? An der Abneigung 
Sr. Maj. des Königs Georg, Garantien dafür zu geben, daß die hannover- 
sche Armee sich auf nur ein Jahr lang der Feindseligkeiten gegen uns ent- 
halten möge. Wir haben das Bündniß angeboten von dem Augenblicke an, 
wo wir die Möglichkeit eines Krieges voraussahen. Wir sind hingehalten 
worden mit Tergiversationen. Man hat uns in amtlich mitgethrilten Noten 
einen Neutralitäts-Vertrag versprochen, während dessen aber fortgefahren, 
heimlich zu waffnen; man ließ Munition, Waffen nach Stade schleppen, um 
dort eine feste Position zu nehmen, um dort mit dem Gablenz'schen Corps, 
mit denjenigen Streitkräften, die das Haus Anugustenburg in Holstein würde 
mobil machen können und deren Waffen wir dann in Hamburg gefunden 
haben, eine Diversion gegen uns im Rücken gemeinschaftlich mit Oesterreich 
zu machen. Dieser Gefahr kann sich Preußen nicht zum zweiten Male aus- 
setzen. Wir haben die Verhandlungen hinausgezogen in der Hoffnung, 
Hannover würde sich besinnen. Es hat uns widerstrebt, gegen diesen be- 
freundeten und benachbarten Stamm, der mit uns denselben Dialect spricht, 
in dessen Adern unser Blut fließt, den Degen zu ziehen. Um das zu ver- 
meiden, haben wir rechtzeitig — wenn ich nicht irre, war es am 9. oder 11. 
oder kurz darauf — in Hannover amtlich Folgendes kundgegeben: „Stimmt 
Hannover für den österreichischen Antrag, der am 14. Juni in Frankfurt 
votirt werden soll, so werden wir dies als eine Kriegserklärung betrachten und 
darnach verfahren.“ Man war vollständig gewarnt, hatte aber Vertrauen 
auf 800,000 Mann österreichischer Truppen, so war nämlich die Ziffer durch 
den Prinzen Solms angegeben, der seinem hohen Verwandten damit einen 
schlechten Dienst erwiesen, als er schwankte zwischen Preußen und Oesterreich, 
ihn in das andere Lager hinüberzuziehen. Meine Herren! Zu solchen An- 
legenheiten kann diese Art von gemüthlicher Auffassung, an die man 
sich in Deutschland in fünfzigjährigem Frieden gewöhnt hat, nicht Platz greifen. 
Es wurde mir von mehreren Seiten nach dem Kriege von manchen deutschen 
Staaten in einer Weise entgegengekommen, die etwa sagen wollte: Nun ist 
Alles wieder beim Alten, wir haben in Hannover nur mit scharfen Patronen 
Manöver gemacht, wir wollen uns auf die alten Stühle setzen, und Ihr 
werdet nicht böse sein. Man hat sich über den Ernst der Sache getäuscht; 
ob in demjenigen Dünkel, mit dem Gott öfter die Fürsten schlägt, ob in der- 
jenigen Unkenntniß der Diplomaten und Minister, in der viele sich über die 
Realitäten dieses Lebens befinden, lasse ich dahingestellt. Man hat Krieg 
gewollt mit offenen Augen, man war entschlossen, preußische Provinzen zu 
nehmen, wenn man gesiegt hätte: darnach hat man kein Recht, sich nachher 
zu wundern, daß der Krieg die ernsten Folgen hatte, die er nun gehabt hat, 
und nun uns gegenüber einen Ton der Klage über diese Folgen anzuschlagen. 
Meine Herren! Wenn das Blut, wenn die Freiheit von Preußen aufs 
Spiel gestellt wird, wenn das ganze Königreich, wie es war, mit seiner
	        
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