Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

            Preußen und der norddeutsche Bund.      79 
glorreichen Krone als Einsatz stand, wenn die Croaten unser Land mit ihren 
Plünderungen bedrohten, wenn die Fremdherrschaft, ich weiß nicht, auf wie 
lange, uns bevorstand, wenn man uns in der Gefahr einen Stich in die 
Seite gibt, dann soll man sich hernach nicht auf den Standpunkt der Sen- 
timentalität stellen und über schlechte Behandlung klagen. Glaubt man 
das zu können, so ist es eine Unkenntniß der Dinge, an der jeder Staat 
und jede Krone zu Grunde gehen muß, welche mit dieser Unkenntniß ge- 
schlagen ist.“ · 
11. März. (Preußen: Frankfurt). Der König bescheidet das Gesuch der 
 
 
ständigen Bürger-Repräsentatiorn wegen Nachlaß der 6 Millionen 
Contribution dahin 
„daß, wenngleich die Auferlegung der Contribution gegenüber der Stadt 
Frankfurt a. M. nach den Grundsätzen des Kriegs= und Völkerrechto voll- 
kommen gerechtfertigt war, da Frankfurt sich an dem die Kriegserklärung 
enthaltenden Beschlusse vom 14. Juni vorigen Jahres betheiligt und noch am 
15. Juli den Entschluß bekundet hat, im Bündnisse mit Preußens Gegnern 
zu verharren: es doch nicht in Meinen landesväterlichen Intentionen liegen 
kann, den Wohlstand einer deutschen und nunmehr auch preußischen Stadt 
zu gefährden“ — zu welchem Zwecke eine Ausscheidung des Staats= und 
Stadtvermögens Frankfurts vorgenommen werden soll. 
12. „ (Norddeutscher Bund). Reichstag: Fortsetzung der General- 
debatte über den Verfassungsentwurf. Reden von Schultze-Delitzsch, 
Schleiden und Bennigsen. 
„ (Preußen: Hannover). Eine k. Verordnung regelt die An- 
stellung der ehemaligen k. hannov. Offiziere; viele werden cinrangirt, 
die meisten aber bloß aggregirt (von 626 ehemals hannov. Offizieren 
treten damit 424 in den preuß. Heeresverband). 
13. „ (Norddeutscher Bund). Reichstag: Schluß der General- 
debatte über den Verfassungsentwurf. 
Graf Bismarck bemerkt, daß er sich bei Abgabe seiner ersten Erklärung 
geirrt, daß Oldenburg seine Wünsche erst in der Schlußsitzung zur Sprache 
gebracht habe. Es sei dies schon in einer frühern Sitzung geschehen, der er 
nicht beigewohnt, allein die Sache sei ohne jeden Einfluß auf die weitere 
Discussion geblieben. Nach Erfurt sei er mit denjenigen politischen An- 
schauungen gegangen, die er aus seinem Vaterhaus mitgebracht, und die geschärft 
worden seien durch Angriffe der Bewegung des Jahrs 1848 auf Zustände, 
die ihm werth waren. Im Jahr 1851 sei er in die praktischen Geschäfte 
eingetreten, und habe seitdem Erfahrungen in der praktischen Politik gemacht, 
in den Stellungen, wo er der großen Politik, namentlich der deutschen, nahe 
gestanden. Da erst habe er sich überzeugt, daß aus dem Zuschauerraum die 
Welt anders aussehe als wenn man sie vom Standpunkt hinter den Cou- 
lissen betrachte. Da erst habe er wahrgenommen, daß man die Politik anders 
beurtheile, wenn man als Dilettant in den Stunden der Muße an ihr mit- 
wirkt, als wenn man sich der Verantwortlichkeit eines folgenschweren Schritts 
bewußt ist; er habe erkannt, daß viele Größen, mit denen er in Erfurt ge- 
rechnet, nicht existiren; daß das Zusammengehen mit Oesterreich, wie es uns 
durch die Erinnerungen an die heilige Allianz überkommen, unmöglich war. 
Er gehöre nicht zu den Leuten, die mit den Jahren und Erfahrungen nichts 
lernten. Was die Budgetfrage anlange, so zweifle er sehr daran, ob die 
preußische Armee im vorigen Jahr in derselben Verfassung gewesen wäre, 
wenn im Herbst 1862 Niemand dagewesen, der die Regierung hätte übernehmen 
wollen, ohne den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses Folge zu geben.
	        
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