92 Preußen und der norddeutsche Bund.
Antrag Baumstarck: dem Reichslag auch das Recht einzuräumen, an
ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrathe resp. Bundeskanzler zu überweisen.
— Antrag Lasker: dem Reichstag auch das Recht einzuräumen, Adressen
an das Bundespräsidium zu richten, Interpellationen zu stellen, Beschwerden,
Bitt= und andere Schristen entgegen zu nehmen und sie an den Bundes-
kanzler zu Überweisen, Thatsachen durch Vernehmung von Zeugen, Sach-
verständiger und anderer Auskunftspersonen zu erheben und in gleicher Weise
Commissionen mit der Erhebung von Thatsachen zu beauftragen. — An-
trag Braun: das Recht, die Anwesenheit des Bundeskanzlers oder eines
Stellvertreters desselben zu verlangen.
Biei der Abstimmung wird nur der Antrag Baumstarck mit großer
Mehrheit angenommen, dagegen der Antrag Lasker mit 134 gegen
126, der Antrag Braun in namentlicher Abstimmung mit 135 gegen
124 Stimmen verworfen.
Art. 24 (Legislaturperiode):
Antrag Baumstarck auf eine fünfjährige Legislaturperiode, — Antrag
Graf Bassewitz auf eine sechsjährige Legislaturperiode, — Antrag v. Un-
ruh auf die Bestimmung, daß im Falle einer Auflösung die Wähler binnen
60 und der Reichstag selbst binnen 90 Tagen versammelt werden müssen
und daß eine Vertagung 30 Tage nicht überschreiten und während derselben
Session nicht wiederholt werden dürfe.
Bei der Abstimmung wird der Antrag Bassewitz mit starker
Mehrheit, der Antrag Baumstarck mit 137 gegen 128 Stimmen
abgelehnt, dagegen der Antrag v. Unruh mit geringer Mehrheit
angenommen.
30. März. (Norddeutscher Bundy. Reichstag: Verfassungsdebatte. Die
Art. 25—28 werden unverändert oder mit geringen Modificationen
angenommen. Art. 29 (Ausschluß von Diäten).
Antrag v. Weber und Thünen (national-lib. Fraction) auf Ge-
währung von Diäten und Reisekosten.
Erklärung Bismarcks: „Ich habe im Auftrag der hohen verbündeten
Regierungen zu erklären, daß sich dieselben auf Bewilligung von Diäten
unter keinen Umständen einlassen werden, vielmehr die Entscheidung dieser
Frage dem Wege der Gesetzgebung demnächst zu überlassen sei, nachdem be-
ruhigende Erfahrungen über die Wirksamkeit des noch wenig erprobten
Wahlgesetzes werden gemacht worden sein“. Der k. sächs. Commissär
v. Friesen erklärt, daß seine Regierung hierüber mit der preußischen voll-
kommen einverstanden sei.
Bei der Abstimmung wird der Antrag Weber und Thünen trotz-
dem unter Namensaufruf mit 136 gegen 130 Stimmen ange-
nommen.
„ (Preußen: Nassau). Eine k. Verordnung hebt das vom gew.
Herzog von Nassau wieder restaurirte Jagdrecht, eine der haupt-
sächlichsten Beschwerden der Bevölkerung gegen die früheren Zustände,
neuerdings auf und regelt die Entschädigungspflicht.
31. „ (Preußen). Eine k. Verordnung befiehlt die Aufnahme einer
4½ prozentigen Anleihe von 30 Mill. Thlr. in Gemäßheit des Gesetzes
vom 28. Sept. 1866 behufs Wiederbeschaffung der im Kriege von
1866 verbrauchten Waffen, Munition ect.