Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                   Preußen und der norddeutsche Bund. 93 
31. März. Der französ. Gesandte in Berlin Benedetti setzt die französ. 
Regierung von der gewaltigen Aufregung in ganz Deutschland wegen 
Luxemburgs in Kenntniß und von der bevorstehenden Interpellation 
Bismarcks im Reichstage, mit dem Beifügen, daß unter diesen Um- 
ständen Vorsicht und ein Aufschub im Abschlusse Frankreichs mit 
Holland nothwendig sein möchte. 
4. April. (Norddeutscher Bund). Reichstag: Interpellation Ben- 
nigsen und 70 Gen. bez. Luxemburg. Antwort Bismarcks. 
Interpellation: „1) Hat die königlich preußische Regierung officielle 
oder anderweitige Kenntniß davon erhalten, ob die in täglich verstärktem 
Maße auftretenden Gerüchte über Verhandlungen zwischen den Regierungen 
von Frankreich und den Niederlanden wegen Abtretung des Großherzogthums 
Luxemburg begründet sind' 2) Ist die königlich preußische Regierung in 
der Lage, dem Reichstage, in welchem alle Parteien einig zusammenstehen 
werden, in der krästigsten Unterstützung der Abwehr eines jeden Versuchs, 
ein altes deutsches Land von dem Gesammt-Vaterlande loszureißen, Mittheil- 
ungen darüber zu machen, daß sie im Verein mit ihren deutschen Bundes- 
genossen entschlossen ist, die Verbindung des Großherzogthums Luxemburg 
mit dem übrigen Deutschland, insbesondere das preußische Besatzungsrecht in 
der Festung Luxemburg auf jede Gesahr hin dauernd sicher zu stellen?“ 
Rede Bennigsen's: „Seit einigen Tagen mehren sich von allen Seiten 
die Gerüchte über Verhandlungen zwischen der niederländischen Regierung und 
Frankreich wegen der Abtretung von Luxemburg. Es tritt in immer größerer 
Stärke die Behauptung auf, daß ein solcher Abtretungsvertrag bereits abgeschlossen 
sei. Danach würde also ein Fürst aus deutschem Geschlechte, uneingedenk der 
stolzen Erinnerungen seines Hauses, aus welchem einst ein Mitglied selbst die 
deutsche Kaiserkrone getragen hat, einen Handel eingegangen sein über ein 
Land, welches keine Provinz von Holland bildet, sondern zu allen Zeiten ein 
deutsches Land gewesen, welches nur bei Gründung des deutschen Bundes 
dem regierenden Hause der Niederlande zu Theil geworden ist als Austausch 
für Rechte an andern Ländern, welche dieses Haus in Deutschland besessen hat. 
Meine Herren! Es ist eine dringende Aufforderung für den Reichstag in 
dieser Lage, sich klar darüber zu werden, was die verbündeten deutschen Re- 
gierungen und die Vertreter deutscher Nation einer solchen Gefahr gegenüber 
zu thun gewillt sind. Die Interpellation, die wir an den Vorsitzenden der 
Bundes-Commissare gerichtet haben, ist ausgegangen von der liberalen Seite 
des Reichstages; sie ist absichtlich von uns gerade ausgegangen, weil wir vor 
Allen ein Bedürfniß gefühlt haben, kund zu geben, daß in solchen Fällen der 
auswärtigen Politik, wo es gilt, deutschen Boden zu vertheidigen gegen un- 
gerechte Gelüste des Auslandes, keine Parteien im Hause existiren dürsen 
(Beifall), daß die Schwierigkeiten, welche sich in den letzten Wochen bei ein- 
zelnen Fragen des Ausbaues der inneren Verfassung gezeigt haben, die 
Differenzen, die bis heute noch nicht vollständig gelöst sind zwischen den 
liberalen Parteien des Reichstages und der Vertretung der Regierung, daß 
sie nicht den geringsten Einfluß äußern werden auf die Haltung des ganzen 
Reichstages, wo es gilt, muthig und entschlossen dem Auslande gegenüber 
zu slehen (lebhafter Beifall) und die kräftige Politik, welche die preußische 
Regierung und welche der Minister-Präsident bislang geführt haben, auf das 
entschiedenste zu unterstützen. (Stürmischer Beifall.) Meine Herren! Sie 
haben aus dem Schreiben, welches ich Ihnen eben mittheilte, und aus au- 
deren Notizen, die uns hier brieflich zugegangen und die in der Presse ent- 
halten sind, vernommen, mit welcher Sorge man gerade in Luxemburg dem 
Ausgange des Handels entgegensieht. Ich finde es auch begreiflich, daß in
	        
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