Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

          Preußen und der norddentsche Bund.                   95 
die Vertreter des norddeutschen Bundes um Se. Majestät den König Wil- 
helm hier in Berlin versammelt sind, da mag er das deutsche Volk aufrufen, 
er wird in demselben keine Parkeien finden, wo es gilt, sich gegen das Aus- 
land zu vertheidigen, er wird noch eine einige und entschlossene Nation finden. 
(Stürmischer Beifall.) Wenn wir Schwierigkeiten gehabt haben, in wenig 
Wochen ein Verfassungswerk zu Stande zu bringen, so wird gerade die Ge- 
fahr, daß wir jetzt an unseren Grenzen Stücke von Deutschland verlieren 
sollen, wenn wir uns nicht schnell verständigen, das Bedürfniß der Verstän- 
digung bei den Regierungen und bei den Vertretern der Nation nur steigern. 
Wir können in diesem Falle sehr rasch zu der Annäherung kommen, die wir 
ja ohnehin in einigen Wochen erreicht haben würden, wir können zu dieser 
Annäherung sehr rasch kommen, und das Werk, das nach unserer Voraussicht 
vielleicht erst zu Ostern beendigt sein würde, könnte in eben so wenigen 
Tagen, wie es sonst Wochen erfordert haben würde, rasch abgeschlossen werden. 
(Lebhafter Beifall.) Meine Herren, wir wissen sehr wohl, was auf dem 
Spiele steht, wenn es nicht gelingt, noch im Anfange der französischen Nation 
die Ueberzeugung beizubringen, daß sie es jetzt nicht mehr mit einem schwachen, 
zerrissenen, uneinigen Deutschland zu thun hat. sondern daß sie ein Volk vor 
sich hat in einem kräftigen Aufschwunge begrissen, um sich eine Verfassung 
und eine angesehene Stellung in Europa zu erringen. Meine Herren, dann 
werden wir allerdings sehr schweren Ereignissen entgegengehen. Wir suchen 
den Krieg nicht. Bricht der Krieg aus, so wird Frankreich die Verantwortung 
treffen. Wir wissen, welche schweren Folgen dieser Krieg haben wird, gleich- 
gültig, wer als Sieger aus demselben hervorgehen wird. Die französische 
und die deutsche Nation, so reich ausgestattet von der Natur, wohnen auf 
Gebieten, groß genug, um der Entfaltung ihrer Kräfte vollen Spielraum 
einzuräumen. Diese Völker, sie können in Frieden und Freundschaft neben 
einander leben, in gegenseitiger Achtung, in Förderung der gemeinsamen 
Interessen, in Förderung de' Gesittung und Cultur in Europa. Jeder Krieg, 
der zwischen diesen beiden großen Nationen geführt werden würde, wird dem 
Fortschritte des Wohlstandes und der Cultur in Europa schwere Wunden 
schlagen. (Sehr richtig!) Davon ist Niemand mehr durchdrungen, als wir, 
die Vertreter der deutschen Nation, die wir zunächst zu friedlichen Aufgaben, 
zu der Aufgabe, eine Verfassung, die eine Grundlage des Rechtes und des 
Friedens bilden soll, für Deutschland zu gründen, zusammengetreten sind. 
Aber wenn das Ausland uns stören will in unserem Werke, wenn es die 
noch nicht abgeschlossene Vollendung des Werkes benutzen will, zu eigenem 
ungerechten Beginnen, dann wird es hier auf eine Nation stoßen und, wie 
wir nicht bezweifeln, auch auf Regierungen, die allen derartigen Versuchen 
mit der äußersten Entschlossenheit entgegentreten. Meine Herren! Lassen 
Sie uns also deßhalb darüber keinen Zweifel lassen, daß wie unter uns alle 
Parteien, so auch das deutsche Volk einig sein wird, jede kräftige Politik der 
Regierungen auf jede Gefahr hin zu unterstützen diesem und allen etwaigen 
späteren Versuchen des Auslandes gegenüber.“ (Lebhafter Beifall von allen 
Seiten des Hauses.) 
Antwort Bismarcks: „Die hohe Versammlung wird es natürlich 
finden, wenn ich mich in einer Frage von der Tragweite, welche die vor- 
liegende gewonnen hat, in diesem Augenblicke darauf beschränke, die Inter- 
pellation mit einer Darlegung des thatsächlichen Sachverhältnisses, soweit es 
der königlichen Staats-Regierung und ihren Bundesgenossen bekannt ist, zu 
beantworten. Ich muß dabei zurückgreifen auf die Ussachen. die es veranlaßt 
haben, daß das Großherzogthum Luxemburg nicht Mitglied des norddeutschen 
Bundes ist. Bei Auflösung und durch die Auflösung des früheren deutschen 
Bundes gewann jeder der an demselben betheiligten Staaten seine volle 
Souverainetät wieder, so wie er sie vor Stistung des Bundes besessen und 
durch die Verpflichtung, die er im Bundesvertrag freiwillig eingegangen war,
	        
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