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Oesterreich-Angarn.
chen, weil nur von einem im Detail klar vorliegenden Reformprojecte ein
Schluß auf die erwarteten Erfolge und somit auf den Werth des ganzen
Programms möglich ist. Ein Programm aber, dessen Kern sich selbst als ein
ungelöstes Problem darstellt, darf wohl mit Fug und Recht als ein „proble-
matisches Project“ bezeichnet werden. Die Versicherungen, daß die Majorität
des Ministeriums, ehe sie über die Frage der Wahlreform einen definitiven
Beschluß faßt, sich mit den Mitgliedern des Reichsrathes besprechen und die
gestellten Anträge nicht einem zweifelhaften Schicksale in den Verhandlungen
und Beschlüssen des Reichsraths aussetzen werde, sind wahrlich zu dürftiger
Natur, als daß sie dem ganz und gar in der Luft schwebenden Wahlreform-
project irgend einen Halt zu leihen vermöchten. Wenn übrigens die Minister
der Moajorität auch hier wieder Anlaß nehmen, zu erklären, daß sie Eurer
Majestät keine Anträge unterbreiten werden, welche den verfassungsmäßigen
Boden verlassen, so mag die Versicherung an dieser Stelle allerdings durch
die Erinnerung an die Thatsache gerechtfertigt sein, daß nicht alle Mitglieder
der Majorität bei den Verhandlungen über die Wahlreform im Minister-
rathe die verfassungsmäßigen Rechte der Landtage geziemend beachten zu wol-
len schienen.
„Die ehrfurchtsvollst unterzeichneten drei Minister der Minorität müssen
aber das auf dem noch ungelösten Probleme einer unbestimmten Wahlreform
beruhende Programm der Majorität auch als ein gefährliches Project erklären.
Mit anerkennenswerther Offenheit sprechen es die Minister der Majorität aus,
daß sie bei der Durchführung der heute noch ihnen selbst ganz unklaren
Wahlreform den doppelten Zweck verfolgen, einerseits die sich von der verfas-
sungsmäßigen Mitwirkung ausschließende Opposition „allmählig und schritt-
weise zu beugen“ und andererseits „den Reichsrath zu stärken und den An-
griffen der Opposition gegenüber in seiner Existenz und Wirksamkeit unabhän-
giger zu machen". Daß die durchgeführte Wahlreform für sich allein auf die
Opposition nicht den mindesten sänftigenden Einfluß üben, ja daß der Versuch
der Wahlreform für sich allein selbst jene Fraction der nationalen Opposition
in ihrem Widerstande schärfen wird, welche bisher ihre Mitwirkung im
Reichsrathe nicht versagte, wird kaum ernstlich bestritten werden wollen. In
der ohne Zugeständnisse an die nationale Opposition durchgeführten Wahlreform
erblickt die nationale Opposition nur die Verwirklichung deutscher Unter-
drückungsgelüste. Die, wenn auch ganz unbegründete Voraussetzung dieser
letzteren wird genügen, um die nationale und separatistische Opposition noch
mehr aufzustacheln. Zuletzt werden die in ihren Erwartungen unbefriedigten
Polen endlich dennoch den Reichsrath verlassen und damit das äußerste ihnen
zu Gebote stehende Pressionsmittel versuchen. Ihr Aufbruch wird das Signal
für die Slovenen und Tyroler geben, und verlassen und verödet wird nicht
die volle Vertretung der Westhälfte des Reiches, sondern die deutsche Partei
im Abgeordnetenhause tagen. Wenig wird es ihr nützen, daß sie sich etwa
der Zahl nach verdoppelt hat; sie wird doch nicht die Völker der Westhälfte
des Reiches, sie wird einzig und allein nur die gefügige deutsche Regierungs-
partei vertreten; denn eine befruchtende Opposition würde diesem Rumpfpar-
lamente zum tödtlichen Verderben gereichen. In einer solchen unvermeidlich
zur völligen Stagnation führenden Gestaltung der Volksvertretung eine Stär-
kung des Reichsraths erblicken zu wollen, wäre doch etwas allzu sanguinisch.
Die Anwendung des Nothwahlgesetzes aber würde theils zu einer doch noch lücken-
haften, theils zu einer dem verfassungsmäßigen Grundcharakter des Reichs-
rathes widerstreitenden Vertretung führen und könnte eben deßhalb in keinem
Falle als ein dauerndes Auskunftsmittel angesehen werden. Und mit welchen
Mitteln gedenkt wohl die Majorität des Ministeriums den Widerstand der
Czechen „allmählig und schrittweise“ zu beugen? Das Programm der Majo-
rität schweigt darüber, und wir begreifen dieses Schweigen. Schon einmal,
und zwar noch ehe von irgend einer Seite Verständigungsversuche gemacht