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auch von dem Vertreter der Pforte unterzeichnet wird und der grie-
chischen Negierung durch einen besonderen Abgesandten zugestellt
werden soll (s. allg. Chronik).
18. Jan. Eröffnung der Kammern. Thronrede des Kaisers:
„Die Rede, welche ich bei der jährlichen Eröffnung der Session an Sie
richte, ist der aufrichtige Ausdruck des Gedankens, welcher meine Handlungen
leitet, um freimüthig der Nation vor den großen Körperschaften des Staates
den Gang der Regierung darzulegen, — ist die Pflicht des verantwortlichen
Chefs eines freien Landes. Die Aufgabe, welche wir mitsammen übernommen
haben, ist eine schwierige; es ist in der That nicht leicht, auf einem durch so
viele Revolutionen aufgewühlten Boden eine Regierung aufzurichten, welche
von den Bedürfnissen ihrer Zeit hinlänglich durchdrungen ist, um alle Wohl-
thaten der Freiheit sich zu eigen zu machen, und welche stark genug ist, um
selbst die Ausschreitungen der Freiheit zu ertragen. Die beiden in Ihren
letzten Sessionen votirten Gesetze, welche den Zweck hatten, das Prinzip der
freien Discussion zu entwickeln, haben zwei Wirkungen hervorgebracht, welche
zu constatiren nützlich erscheint. Einerseits haben die Presse und die öffentlichen
Versammlungen in gewissen Mittelkreisen eine künstliche Aufregung und Ideen
und Leidenschaften hervorgerufen, welche man für erloschen hielt. Andererseits
aber hat die Nation, unempfindlich gegenüber den heftigsten Aufreizungen und
auf meine Festigkeit, die Ordnung aufrecht zu erhalten, zählend, sich ihren
Glauben an die Zukunft nicht erschüttern lassen. Bemerkenswerthes Zusammen-
treffen! Je mehr sich abenteuernde und auf Umsturz bedachte Geister bemüh-
ten, die öffentliche Ruhe zu stören, desto tiefer wurde diese Ruhe. Die Handels-
thätigkeit gewann wieder eine fruchtbringende Lebhaftigkeit, die öffentlichen
Einnahmen vermehrten sich beträchtlich, die Renten gewannen an Sicherheit,
und die Mehrzahl der Nachwahlen zum gesetzgebenden Körper brachte meiner
Regierung eine neue Stütze. Das Militärgesetz und die durch Ihren Patrio-
tismus bewilligten Hilfsmittel haben dazu beigetragen, das Vertrauen des
Volkes in den Frieden zu befestigen, und in dem gerechten Gefühle seines
Stolzes hat es eine wirkliche Genugthuung an dem Tage empfunden, wo es
das Bewußtsein gewann, daß es in der Lage sei, allen Eventualitäten die
Stirne zu bieten. Die Land= und Seemacht, stark constituirt, sind auf dem
Friedensfuße. Der unter den Fahnen aufrechterhaltene Effectivbestand über-
schreitet nicht denjenigen anderer Regierungen, aber unsere vervollkommnete
Bewaffnung, unsere gefüllten Arsenale und Magazine, unsere geübten Reserven,
die mobile Nationalgarde, im Begriffe organisirt zu werden, die umgestaltete
Flotte, unsere festen Plätze im guten Zustande — geben unserer Macht eine
unerläßliche Entfaltung. Das stete Ziel meiner Anstrengungen ist erreicht.
Die militärischen Hilfsmittel Frankreichs sind in Zukunft auf der Höhe seiner
Bestimmungen in der Welt. In dieser Lage vermögen wir, laut unseren
Wunsch, den Frieden aufrecht zu halten, kundzugeben; es liegt keine Schwäche
darin, dieß zu sagen, wenn man zur Vertheidigung der Ehre und der Unab-
hängigkeit des Landes bereit ist. Unsere Beziehungen zu den fremden Mächten
sind die freundschaftlichsten. Die Revolution, welche jenseits der Pyrenäen
ausgebrochen ist, hat unsere guten Verhältnisse zu Spanien nicht geändert und
die Conferenz, welche soeben stattgehabt hat, um einen im Orient drohenden
Conflikt zu ersticken, ist ein großer Akt, dessen Wichtigleit wir anerkennen
müssen. Die Conferenz geht ihrem Ende entgegen und alle Bevollmächtigten
sind über die Principien einverstanden, welche geeignet sind, eine Annäherung
zwischen Griechenland und der Türkei herbeizuführen. — Wenn also, wie ich
die feste Hoffnung hege, nichts den allgemeinen Einklang stört, wird es uns
vergönnt sein, viele beabsichtigte Verbesserungen zu verwirklichen, und werden
wir bemüht sein, alle die praktischen Fragen zu lösen, welche von der land-
wirthschaftlichen Enquete aufgeworfen worden sind. Die öffentlichen Arbeiten