Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zehnter Jahrgang. 1869. (10)

ürtei. 455 
„Wir zweifeln nicht, daß Ew. Hoh., vorstehende Bemerkungen in ernste 
Erwägung ziehend, in Ihrer hohen Weisheit von allem abstehen wird, was 
die Grenzen Ihrer Vorzugsrechte und Ihrer Pflichten überschreitet, und in 
dankbarer Anerkennung der großen Wohlthaten, deren Sie seitens unseres er- 
habenen Gebieters theilhaftig geworden, von nun an alle Ihre Anstrengungen 
dahin richten wird, das Aufblühen Aegyptens zu fördern, und Leben und 
Eigenthum seiner Bewohner sicherzustellen. In dem Maß als Ew. Hoh. sich 
innerhalb der Grenzen, welche Ihren Vorzugsrechten gezogen sind, halten 
wird, wird auch das Wohlwollen, welches unsern erhabenen Gebieter fortwäh- 
rend in Bezug auf Sie beseelt, unfehlbar wieder zunehmen und sich verdoppeln. 
Diese Bedingungen, welche in den oben erwähnten Bestallungsbriefen aus- 
führlich aufgezählt sind, brauchen hier nicht weiter erwähnt zu werden. Da 
es aber der kaiserl. Regierung unmöglich wäre, auch nur von einer einzigen 
Bestimmung dieser Bestallungsbriefe abzugehen, so wird sie sich allerdings zu 
ihrem Bedauern genöthigt sehen, auf diese Bestimmungen jedesmal zurück- 
zukommen, so oft es sich darum handelt, Maßregeln vorzukehren, um allfällige 
Handlungen, welche damit im Widerspruch stehen, in ihre Grenzen zurückzu- 
weisen und zu unterdrücken, und um die überlieferten Rechte zu wahren. 
„In Folge dessen und auf Befehl Sr. kaiserl. Maj. des Sultans, unseres 
erhabenen Gebieters, theile ich Ew. Hoh. ohne Umschweife und mit allem Frei- 
muth den wirklichen Sachverhalt mit, und erwarte eine bündige und klare 
Antwort, die alle Bürgschaften bietet, welche für die Zukunft nothwendig sind, 
und kein todter Buchstabe bleiben können.“ 
10. Aug. (Aegypten). Antwort des Vicekönigs auf die Note des 
Großwessiers vom 3. Aug. und die darin formulirten Forderungen 
der Pforte: 
„Es ist mir die Ehre eines Schreibens geworden, welches Ew. Hoh. auf 
Befehl Sr. Maj. des Sultans an mich zu richten für gut fand, und worin 
ich um Erklärungen angegangen werde über die Auslegungen und Gerüchte, 
zu denen meine letzte Reise nach Europa Veranlassung gab. Ich beeile mich, 
den wahren Sachverhalt kundzuthun. Seit dem Tag, an welchem mir die 
Verwaltung dieses großen Gebiets von Sr. Maj. anvertraut wurde, habe ich, 
Gott ist mein Zeuge, nichts beschlossen, was die Grenzen meiner kraft kais. 
Bestallungsbriefe mir zustehenden Rechte und Pflichten überschritte. Nicht ein- 
mal der Gedanke dazu ist mir gekommen. Im Gegentheil bin ich, eingedenk 
der vielfachen wohlwollenden Gesinnungen Sr. kais. Maj. gegen mich, in allen 
meinen Handlungen dem Willen und Befehl des Sultans getreulich nachge- 
kommen. Bei meinem Bestreben, seine hohe Befriedigung zu verdienen, wird 
mir auch, so hoffe ich zuversichtlich, der Sultan sein Vertrauen und Wohl- 
wollen erhalten.“ 
„Was die früher nach Kreta geschickten Truppen betrifft, so hatte ich mich 
dazu erboten, und rechnete es mir zur Ehre an, Sr. kais. Maj. zu dienen, 
und damit einen Beweis meiner Treue und Hingebung zu liefern; Zusammen- 
setzung und Absendung der Truppen geschahen ganz den Befehlen Sr. kais. 
Maj. gemäß. Die Kosten der Expeditionen nach Kreta und nach dem Hedschas, 
welch letztere in die gleiche Zeit fiel, wurden nicht, wie es bei der Expedition 
nach der Krim geschehen, auf den kais. Schatz übernommen, sondern von Ae- 
gypten bestritten, das es sich zur Ehre anrechnete, sie allein zu tragen. Nach- 
dem indessen diese Kosten in Folge verlängerten Verweilens des Expeditions- 
corps die Summe von 200,000 Beuteln erreicht hatten, sah man sich, nur um 
klar darüber zu werden, welche Summen in Zukunft der Unterhalt dieser 
Truppen erfordern würde, und weil durchaus ein Gleichgewicht im Budget 
herzustellen war, gezwungen, einen Zeitpunkt für ihre Rückbeförderung festzu- 
setzen. Ich habe diese Sachlage bei meiner Reise nach Konstantinopel dem 
Staatsrath unterbreitet, und eine ministerielle Entschließung bestimmte darauf
	        
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