Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zehnter Jahrgang. 1869. (10)

Griechenland. 469 
Conferenz Folge zu leisten, diese es den Consequenzen des von ihm angenom- 
menen Verhaltens überlassen werde. Gleichzeitig mit diesem Schreiben des 
Ministers der auswärtigen Angelegenheiten von Frankreich, und auch nachher 
empfahlen die Nathschläge und Ermahnungen verschiedener Souveräne und 
Regierungen, die von allen Seiten sowohl an die diplomatischen Agenten Sr. 
Majestät an den verschiedenen Höfen von Europa, als auch an die Regierung 
selbst gerichtet wurden, Griechenland, sich der Entscheidung der Conferenz zu 
fügen, und zeigten uns deutlich die ernsten Gefahren, welche uns im Fall der 
Weigerung bedrohten. Inzwischen ist vier Tage nach Empfang der in Rede 
stehenden officiellen Actenstücke eine Ministerkrisis eingetreten, welche heute en- 
dete, indem Se. Maj. uns berufen hat, die Zügel der Regierung zu über- 
nehmen, und morgen ist der letzte Tag, der uns von dem Präsidenten der 
Conferenz gewährt ist, um zu antworten. Nachdem wir so eine genaue Ueber- 
sicht der Conferenzbeschlüsse gegeben haben, können wir nicht umhin, auch be- 
merklich zu machen, daß, so peinlich es auch für Griechenland ist, sich bei 
jenen zwei Bedingungen beruhigen zu müssen, doch damit seine Zukunft nicht 
gebunden und sein Streben nicht erstickt ist. Aber wenn wir uns weigerten, 
den Conferenzbeschlüssen beizutreten, so wäre uns nichts anderes übrig geblie- 
ben, als Krieg gegen die Türkei, ein Krieg, bei dem wir uns leider ohne alle 
Vorbereitung in Betreff der Flotte, und nicht genügend gerüstet finden würden 
für einen Kampf zu Lande. Der Nationalvertretung, welche aus wahrhaft 
freien Wahlen hervorgegangen sein wird, wobei die Regierung kein Mittel der 
Beeinflussung, weder ein erlaubtes, noch ein unerlaubtes, zur Anwendung 
bringen will, werden wir ausführlich darlegen, wie viel Kriegsmaterial sich 
gegenwärtig in unseren Entrepots befindet, und wir werden ihr genaue Mit- 
theilungen machen über den Stand der Land= und Seearmee, sowie über alle 
andern zu einem Feldzug erforderlichen Dinge. Wir haben gemeint, es hieße 
unser unglückliches und heißgeliebtes Vaterland verrathen, wenn wir es den 
Zufälligkeiten eines Krieges aussetzen wollten, zu einer Zeit, wo einerseits un- 
sere Armee weder hinreichend gerüstet, noch hinreichend stark ist, wo das Land 
der zur Bewaffnung erforderlichen Mittel entbehrt, und wo anderseits ganz 
Europa jeden Versuch der Störung des allgemeinen Friedens mit ungünstigem 
Blick ansieht. Bei einer solchen Lage der Dinge durften wir nicht zaudern 
weder in dem, was zu beschließen war, noch in der Frage, wie gehandelt wer- 
den mußte. Angesichts so vielen unvermeidlichen Unheils konnten wir nicht 
anstehen, den Conferenzbeschlüssen unsere Zustimmung zu geben. In diesen 
schwierigen Zeiten hat nur das Gefühl unserer Pflicht gegen das Vaterland 
uns bestimmt, die Mission, welche der König uns anvertraute, nicht abzuleh- 
nen. Unsere Pflichten gegen das Vaterland zwingen uns, der in Paris ver- 
sammelten Conferenz so zu antworten, wie wir es thun, so schwer es uns 
auch fällt, uns darein zu schicken. Eben diese Pflichten gebieten uns, unserer 
Antwort eine Auseinandersetzung der Rechte und Ansprüche Griechenlands 
beizufügen; wir werden hierin nichts versäumen. Voll Vertrauen zu einem 
Fürsten, der durch den einmüthigen und frei kundgegebenen Willen der Nation 
erwählt worden, der unsere öffentlichen Freiheiten achtet und nichts mehr im 
Herzen trägt, als den Ruhm und die Größe unsers gemeinsamen Vaterlands, 
rufen wir alle für ihn den Schutz des Höchsten an, und richten wir unsere 
Gebete zum Himmel, daß unsere schmerzlichen Prüfungen uns belehren und 
uns dazu dienen mögen, künftig das zu thun, was das dienlichste und wirk- 
samste ist. Athen, 25. Jan./GC. Febr. 1869. Th. A. Zaimis, Präsident. 
Th. P. Dellijannis. A. Pezzaly. De Saravas. A. D. Avigherino. 
S. Sutzo. De Tringheta. 3 
Antwort an die Pariser Conferenz: „Mein Vorgänger, Hr. P. 
Delijannis, hat mir den Brief eingehändigt, welchen Sie so gut waren, am 
20. Jan. an ihn zu richten, sowie ferner die demselben beigefügte Erklärung 
der Bevollmächtigten der sechs europäischen Großmächte, welche in Paris zu
	        
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