Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zehnter Jahrgang. 1869. (10)

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Amerika. 
Wenn wir die jetzige Zahlungsfähigkeit des Landes mit zehn, in Folge des 
Krieges noch in Armuth befindlichen Staaten, die aber, wie ich überzeugt bin, 
bald zu größerem Wohlstande als je zuvor gelangen werden, vergleichen mit 
dessen Zahlungsfähigkeit vor 25 Jahren, und darnach berechnen, wie diese wahr- 
scheinlich in 25 Jahren beschaffen sein wird, wer kann daran zweifeln, daß es uns 
dann möglich sein wird, jeden Dollar mit größerer Leichtigkeit zu bezahlen, 
als wir jetzt für nutzlose Luxusgegenstände ausgeben? Scheint es nicht, als 
ob die Vorsehung uns mit einer festen Sparbüchse beschenkt hätte, indem die 
kostbaren Metalle in den unfruchtbaren Gebirgen des fernen Westens verschlos- 
sen sind, zu deren Aufschließung wir jetzt den Schlüssel schmieden, um das 
nunmehr eingetretene Bedürfniß zu befriedigen ? Schließlich mag es noth- 
wendig werden, die Facilitäten, um zu diesen Schätzen zu gelangen, zu ver- 
mehren, und es mag ferner nothwendig werden, daß die Bundesregierung zur 
Sicherung dieses Zuganges ihren Beistand leistet. Allein dieß sollte nur dann 
geschehen, wenn ein Dollar, im Schuldschein verschrieben, genau dieselbe Art 
von Dollar sichert, die jetzt im Gebrauch ist, und nicht früher. So lange die 
Frage in Betreff der Wiederaufnahme der Baarzahlung nicht entschieden, 
nimmt sich der vorsichtige Geschäftsmann in Acht, in ferner Zukunft zahlbare 
Schulden einzugehen: die Nation sollte derselben Regel folgen. Ein darnieder- 
liegender Handel ist wieder aufzurichten, und alle Industriezweige sind zu er- 
muthigen. Die Jugend des Landes — diejenigen, welche dieses Zeitalter bil- 
den und nach 25 Jahren herrschen werden — hat ein ganz besonderes Inter- 
esse an Aufrechterhaltung der Nationalehre. Ein kurzes Nachdenken darüber, 
welchen gebietenden Einfluß wir in ihren Tagen unter den Nationen der Erde 
haben werden, wenn sie nur sich selbst treu bleibt, sollte sie mit nationalem 
Stolze beseelen. Alle geographisch, politisch oder religiös von einander Ge- 
trennten können sich in dieser gemeinschaftlichen Empfindung vereinigen. Wie 
die öffentliche Schuld zu bezahlen, oder wie die Baarzahlung wieder aufzu- 
nehmen, ist nicht so wichtig, als daß ein Plan dafür entworfen und bei die- 
sem stehen geblieben werde. Ein gemeinsamer Entschluß zur That ist mehr 
werth, als divergirende Rathschläge über die Methode des Handelns. Gesetz- 
gebung über diesen Gegenstand dürfte jetzt weder nothwendig, noch selbst räth- 
lich sein, dieß wird aber werden, wenn das bürgerliche Gesetz in allen Theilen 
des Landes vollständiger hergestellt und der Verkehr in seine gewohnten 
Kanäle zurückgekehrt sein wird. Es wird mein Bestreben sein, alle Gesetze 
ihren Bestimmungen gemäß auszuführen, alle angewiesenen Einkünfte einzu- 
treiben und sie gebührend zu verwenden. Ich werde nach meinem besten 
Wissen nur Solche mit einem Amte betrauen, welche diese Absicht auszuführen 
bereit sind. In Bezug auf die auswärtige Politik würde ich mich den Nationen 
gegenüber ebenso verhalten, wie das Gesetz der Billigkeit verlangt, daß sich 
Individuen gegen einander zu verhalten haben, und ich werde den gesetzlieben- 
den Bürger schützen, sei er ein hier geborener oder von fremder Herkunft, so- 
bald seine Rechte gefährdet sind und soweit die Flagge unseres Landes weht. 
Ich werde die Rechte aller Nationen achten, gleiche Achtung für unsere eigenen 
fordernd. Wenn andere im Verhalten zu uns von dieser Regel abweichen, 
dann dürften wir genöthigt werden, ihrem Beispiele zu folgen. Die passende 
Behandlung der Eingebornen dieses Landes, der Indianer, ist eine Sache, die 
sorgfältige Ueberlegung verdient. Ich werde jedes Verfahren gegen sie begün- 
stigen, das ihre Civilisation, Christianisirung und schließliche Aufnahme in 
den Bürgerstand bezweckt. Die Stimmrechtsfrage ist eine solche, daß sie wahr- 
scheinlich das Volk so lange bewegen wird, als ein Theil der Bürger der 
Nation von diesem Rechte in irgend einem Staate ausgeschlossen ist. Es er- 
scheint mir sehr wünschenswerth, daß diese Frage jetzt erledigt werde, und ich 
hege die Hoffnung und drücke den Wunsch aus, daß dieß durch die Natificirung 
des 15. Amendements zur Constitution geschehen möge. Zum Schluß bitte 
ich um geduldige Nachsicht eines Jeden gegen den Andern im ganzen Lande
	        
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