Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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                      Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
Zustände noch ausgesetzt werden könnten, wenn wir zu früh uns von der 
Hauptstadt zurückzögen, und — so schwer uns dieß auch fallen mag — habe 
ich doch geglaubt, darauf bestehen zu müssen. (Bravo.) Dann wird die vierte 
halbe Milliarde bis zum 1. Mai und nicht bis Ende des nächsten Jahres zu 
zahlen sein. In Bezug der drei letzten Milliarden bleiben die Bestimmungen 
des Präliminarfriedens in Kraft, d. h. sie sind bis zum 1. März 1874 voll- 
ständig abzuzahlen, und dasjenige was früher bezahlt wird, kommt bei den 
Verzinsungen, die Frankreich zu zahlen hat, in Verrechnung. Die französische 
Regierung hat die Hoffnung, diesem Frieden in der in Aussicht genommenen 
Zeit genügen zu können. Eine andere sehr schwierige Frage war die der 
Handelsbeziehungen. Die französische Regierung scheint den Handels- 
vertrag den wir mit ihr geschlossen haben, lösen zu wollen, und den bisher 
bestehenden Vertrag nicht wieder ins Leben treten zu lassen. Sie ist der 
Meinung, daß die gesteigerten Einnahmen, deren sie bedarf, durch gesteigerte 
Zölle wesentlich gefördert werden würden. Es ist meines Erachtens nicht thun- 
lich in dem Friedensvertrag, der doch durch die Waffenerfolge des Krieges be- 
wirkt ist, Handelsbestimmungen aufzunehmen, die der Souveränetät eines 
großen Volkes unter Beschränkung ihres Gesetzgebungsrechtes auferlegt werden 
würden. (Sehr wahr.) Ich habe deßhalb auch nicht darauf bestanden, und 
glaube auch nicht, daß die Maßregel praktisch gewesen wäre. Namentlich habe 
ich befürchtet, daß eine so starke Verletzung des Nationalgefühls den Frieden 
frühzeitig stören würde. Ich habe mich deßhalb darauf beschränkt, zu fordern, 
daß wir nach dem Princip der meistbegünstigten Nationen in Zukunft gegen- 
seitig zu verhandeln hätten. Dieses Princip ist in seiner Wesenheit ange- 
nommen. Es wurde gewünscht, daß es nicht allgemein präcisirt würde, um 
nicht die Verträge mit den einzelnen Staaten, die der französischen Republik 
besonders nahe stehen, und bei ihrer Kleinheit weniger bedeutend sind, wie 
Monaco und Tunis, unmöglich zu machen. Dann wünschte die französische 
Regierung dieß auch vermuthlich deßhalb, weil der Handelsvertrag mit Italien 
noch länger läuft, als sie mit ihrem Zollvertrag zu warten beabsichtigt. Wir 
haben deßhalb ausgemacht, daß die Nationen, mit denen wir als den begünstigten 
gleich zu behandeln sind, sich beschränken auf England, Belgien, Niederlande, 
Schweiz, Oesterreich und Rußland. (Zustimmung.) — Demnächst ist die 
Grenzfrage einer erneuerten Discussion unterworfen worden, insoweit sie 
eine offene geblieben war, nämlich den Rayon von Belfort zu bestimmen. 
Nach dem strengen Wortlaut des Präliminarfriedens waren wir berechtigt 
unter Rayon das zu verstehen, was unser amtlicher Sprachgebrauch darunter 
versteht. Wir haben uns dahin verständigt, daß der Halbkreis des Rayons 
von Belfort gebildet wird durch eine Entfernung von 4—5 Kilometer. Darüber 
hinaus ist einstweilen definitiv keine Abtretung erfolgt. Wohl aber war es 
für uns wünschenswerth einige Gemeinden an der Nordgrenze bei Thionville 
zu erhalten, in denen ausschließlich oder überwiegend deutsch gesprochen wird. 
(Beifall.) Die französischen Minister erklärten sich in der Unmöglichkeit dem 
zuzustimmen, daß Gemeinden die bisher französisch geblieben wären, aufhören 
sollten, es zu sein. Sie waren wohl bereit, eine weitere Veränderung der Grenze 
nach dieser Richtung hin zu acceptiren, aber nicht ohne Aequivalent. Ich habe 
deßhalb vorgeschlagen, und es ist angenommen worden, daß sie dieß der rati- 
ficirenden Versammlung überlassen, und habe das Angebot eines gewissen Be- 
zirkes von Belfort für den Fall gestellt, daß uns französischerseits die frag- 
lichen deutschen Gemeinden abgetreten würden. Die übrigen Bedingungen 
werden die Herren in kurzem aus den amtlichen Mittheilungen ersehen. Wir 
haben das Bedürfniß gehabt, die Bahnen, welche der Gesellschaft der Ostbahn 
in Elsaß und Lothringen gehören, für eine bestimmte Summe zu erwerben, 
da es nicht thunlich ist, diese Gesellschaft im Besitze der Bahnen zu lassen, und 
wir sonst in der unangenehmen Lage wären, expropriiren zu müssen, und bei 
der Frage der Abschätzung zugleich Partei und Richter zu sein. Für die
	        
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