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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
Gläubigen auf das Eindringlichste zum treuen und standhaften Festhalten
an den Glauben unserer Mutter, der heiligen katholischen Kirche, welche nach
dem Worte des Apostels eine Säule und Grundfeste der Wahrheit ist. Wir
fordern sie auf zum andächtigen und beharrlichen Gebete für Alle, die da
wanken und irren im Glauben. Bei dieser Gelegenheit können wir nicht
umhin, euch Alle, in Christo Geliebte, zum fortgesetzten Gebete für das theuere
Oberhaupt unserer hl. Kirche zu ermahnen, welches noch immer wie ein Ge-
fangener im eigenen Hause der nöthigen Freiheit zur Ausübung seines apo-
stolischen Amtes entbehrt. Noch immer sind die Provinzen des Erbtheils
Petri mit der Stadt Rom selber in der Gewalt derjenigen, welche sie der
Kirche und ihrem Oberhaupte durch die rechtloseste und schmählichste Gewalt-
that geraubt haben und bis zur Stunde fortfahren, die heilige Kirche in
Rom ihrer Güter und jener frommen Anstalten, deren viele seit Jahrhun-
derten zum Heile der ganzen Christenheit von den Päpsten errichtet worden
sind, zu berauben. Zu Florenz sind unlängst sog. Garantie-Gesetze be-
rathen und beschlossen worden, welche vorgeblich die Freiheit und Unabhängig-
keit des päpstlichen Stuhles verbürgen sollen. Aber kein Vernünftiger glaubt
daran, daß solche Gesetze von der italienischen Regierung, welche fortwährend
die Rechte der Kirche und des heiligen Stuhles mit Füßen tritt, werden beob-
achtet werden. Jene Berathung und Beschließung erscheint wie ein Trugspiel,
welches den verübten Raub beschönigen soll. Sollten jene Gesetze aber auch
wirklich beobachtet werden, so wird doch Niemand glauben, daß dadurch dem
beraubten Papste die zur Ausübung seines apostolischen Amtes durchaus noth-
wendige Freiheit und Unabhängigkeit, welche er mit seiner souveränen fürst-
lichen Macht verloren hat, wiedergegeben oder ersetzt werden könnte. Diese
Freiheit und Unabhängigkeit kann ihm nach menschlicher Einsicht nur durch
die Zurückgabe dieser ohne jeden Schein von Recht geraubten Macht zurück-
erstattet werden. Das zu verlangen, ist ein Recht und eine Pflicht
aller Katholiken der ganzen Welt. Daß diese Wiedererstattung aber
geschehen werde, das hoffen wir zunächst von Gottes Fürsorge, welche in der
Geschichte von bald zweitausend Jahren sich ja so oft in wunderbarer Weise
an unserer Kirche bewährt und das Schifflein Petri aus Wind und Wellen
gerettet hat. . . "
Hirtenbrief der deutschen Bischöfe an den kath. Clerus
Deutschlands: „In der gegenwärtigen Verwirrung der Geister ist das
katholische Glaubenszeugniß, welches der hochwürdige Clerus Deutschlands in
diesen Tagen einmüthig ablegt, dem katholischen Volke ein leuchtendes Bei-
spiel und eine treffliche Ermuthigung, den Oberhirten ein großer Trost, für
die Kirche Gottes eine ehrende That. Die unterzeichneten Erzbischöfe und
Bischöfe erachten es für ihre Pflicht, diese ihre Anerkennung auszusprechen.
Zugleich aber halten sie es an der Zeit, gegenüber von Versuchen und That-
sachen, welche den Glauben, die gottgegebene Freiheit und das ewige Recht
des katholischen Volkes und der katholischen Kirche in Deutschland bedrohen,
an den Clerus Deutschlands folgende Worte zu richten, die ihm bei seinen
Belehrungen zum Leitfaden dienen sollen, und zwar insbesondere in jenen
Diöcesen, in welchen die katholische Lehre den Entstellungen und Anfechtungen
am meisten ausgesetzt ist.
„I. Unzertrennlich verbunden mit dem göttlichen Haupte der Kirche und
mit seinem sichtbaren Stellvertreter auf Erden, sowie unwandelbar festhaltend
an dem im heiligen Geiste versammelten vaticanischen Concil und uns be-
rufend auf die gemeinsamen Hirtenworte, welche vor acht Monaten von dem
Episcopate Deutschlands an die Gläubigen gerichtet wurden, erklären wir
neuerdings, daß es heilige, zweifellose und unabweisbare Gewissenspflicht
jedes Katholiken ist, sich den dogmatischen Entscheidungen des vaticanischen Con-
cils mit vollem inneren Glauben und äußerem Bekenntnisse zu unterwerfen.
Die Grundlehren des katholischen Glaubensbekenntnisses fordern diese Unter-