Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 245
I. Friedrich Franz etc. Unseren getreuen Ständen ist bereits durch unser
an den engeren Ausschuß von Ritter- und Landschaft gerichtetes Rescript vom
9. October cr. und die demselben angeschlossene Antwort auf den eine Reform
der bestehenden Landesverfassung betreffenden Vortrag von 16 Magistraten
bekannt geworden, daß unsere Maßnahmen und insbesondere die seit dem
Jahre 1865 eingeleiteten und noch in Ausführung begriffenen Organisationen
in unserem Domanium darauf gerichtet sind, nach Vollendung derselben auch
diesen Landestheil in allen Beziehungen unter die allgemeine Gesetzgebung
stellen zu können. Inzwischen haben wir über die dazu erforderlichen und nach
unserer Absicht weiter damit zu verbindenden Modificationen der bestehenden
Landesverfassung eine hausvertragsmäßige Communication mit Sr. Königl.
Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg-Strelitz eingeleitet und durch dieselbe
auch eine Verständigung über die Hauptgrundlagen zwischen beiden Regierungen
herbeigeführt. Wenn indessen die Vorarbeiten noch nicht so weit gefördert sind,
um schon auf dem gegenwärtigen Landtage unseren getreuen Ständen behufige
Vorlagen machen zu können, und es überdies angemessen erscheint, durch
commissarisch-deputatische Verhandlungen den Gegenstand zu einer landtägigen
Berathung vorzubereiten, so müssen wir unsere getreuen Stände auffordern,
schon auf gegenwärtigem Landtage Deputirte zu erwählen, welche wir zu den
gedachten Verhandlungen einberufen werden, sobald die noch erforderlichen Vor-
arbeiten so weit gediehen sind. Ihr habt daher mittels Herausgabe dieses
Rescripts unsere getreuen Stände zu solcher Wahl zu veranlassen. II. Friedrich
Wilhelm etc. Auf Grund einer von Seiner Königl. Hoheit dem Großherzog
von Mecklenburg-Schwerin mit uns eingeleiteten hausvertragsmäßigen Com-
munication haben wir uns entschlossen, in die Verhandlungen mit einzutreten,
welche, von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog durch Allerhöchste Verfügungen
vom 9. October d. J. angebahnt, Behufs Stellung des Domanii in allen
Beziehungen unter die allgemeine Gesetzgebung und behufs der etwa damit zu
verbindenden Modificationen der bestehenden Landesverfassung beabsichtigt werden.
Nachdem nun eine Verständigung über die Hauptgrundlagen für diese Aender-
ungen zwischen beiden Regierungen Statt gefunden hat, so halten wir im Ein-
verständniß mit Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog von Schwerin es ange-
messen, den zur Zeit zu einer vollständigen Vorlage noch nicht genügend reifen
Gegenstand durch commissarisch-deputatische Verhandlungen zu einer landtägigen
Berathung vorzubereiten. Wir fordern daher unsere getreuen Stände auf,
während des gegenwärtigen Landtages Deputirte zu erwählen, welche wir seiner
Zeit zu den gedachten Verhandlungen einberufen werden. Ihr habt daher
mittels Hinausgabe dieses Rescriptes unsere getreuen Stände zu solcher Wahl
zu veranlassen.
8. Dec. (Deutsches Reich.) Bundesrath: Die Ausschüsse für Ver-
fassung und Justizwesen erstatten Bericht über den vom Reichstag mit
großer Mehrheit angenommenen Antrag Lasker-Miquel auf Erweiterung
der Reichscompetenz über das gesammte bürgerliche Recht und die
Gerichtsorganisation und tragen mit 6 (worunter besonders Württem-
berg) gegen 4 Stimmen (worunter Preußen) auf Ablehnung an.
Der Bericht entwickelt ausführlich auch die Gründe der Ausschußminder-
heit, welche dem Antrage zustimmen wollte. Die Mehrheit ist zunächst da-
gegen, jetzt schon die kaum vereinbarte Verfassung wieder abzuändern, zumal
weder bezüglich des Civilrechts noch bezüglich der Gerichtsorganisation ein
dringendes sachliches Bedürfniß für die vorgeschlagene Abänderung vorliege.
Mit Vorbedacht und aus guten Gründen sei bei der Schaffung der Ver-
fassung die Competenz der Reichsgesetzgebung auf das Obligationen-, Handels-
und Wechselrecht beschränkt worden. Eine gleichheitliche Ordnung auch des
nur in beschränkteren Kreisen wirkenden Personen-, Familien-, Sachen- und