250 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
15. Dec. (Bayern.) Das von den Gemeindebehörden fast einstimmig be-
schlossene liberale Schulstatut für die Stadt München erhält endlich
mit unbedeutenden Modificationen die Genehmigung der Regierung.
16. „ (Mecklenburg.) Landtag: Die Regierung legt demselben ein
umfassendes landesherrliches Reskript vor, worin den Ständen die An-
nahme einer Verordnung empfohlen wird, durch welche das mecklenbur-
gische Münzwesen im Anschluß an die Reichsgesetzgebung über die
Ausprägung von Goldmünzen neu geregelt werden soll. Diese Pro-
position findet keinerlei Widerspruch, vielmehr wird ihr noch in der-
selben Sitzung die ständische Zustimmung ertheilt.
Die Hauptbestimmungen sind die folgenden: An Stelle des Thalers tritt
von einem durch Staatsministerialbeschluß zu bestimmenden Zeitpunkt an als
Münzeinheit die in hundert Pfennige eingetheilte Mark. Die bisher gesetz-
lichen Kourantmünzen werden beibehalten, ein Thaler gilt drei Mark; die
Sechszehn-, Acht- und Vierschillingsstücke resp. eine Mark, fünfzig und 25
Pfennige. Als Scheidemünze sollen ferner neu geprägt, werden in Silber
Zehn- und Fünfpfennigstücke, in Kupfer Fünf-, Zwei- und Einpfennigstücke.
Alle öffentlichen Kassen werden vom vorher bezeichneten Zeitpunkt an nach
Mark- und Pfennigen rechnen und entsprechend auch die öffentlichen Bücher
geführt werden. Die neuen Münzen können schon vor diesem Zeitpunkte aus-
gegeben und von der Ausgabe an alle kleinere Scheidemünze von einem
Schilling abwärts eingezogen werden.
17. „ (Lippe-Bückeburg.) Landtag: R. R. v. Campe eröffnet den-
selben mit der Ankündigung, daß nicht nur die Beamtengehalte erhöht
werden sollen, sondern trotzdem ein Viertel der Einkommensteuer für
1871 nachgelassen werden könne.
18. „ (Preußen.) Abg.-Haus: Der Abg. Reichensperger bringt mit
Unterstützung des clericalen Centrums den Antrag ein,
es möge das Haus die Erwartung aussprechen, daß erstens die königliche
Staats-Regierung den Erlaß des Cultus-Ministers vom 29. Juni 1871 an
den Bischof von Ermeland aufhebe, und zweitens, daß die königliche Staats-
Regierung sofort anordnen werde, daß katholische Schüler, welche die Theil-
nahme an einem ihrer Confession entsprechenden Religions-Unterrichte nach-
weisen, das Gymnasium zu Braunsberg besuchen können, ohne gezwungen zu
sein, dem Religions-Unterrichte eines aus dem Kirchenverbande ausgeschlossenen
Religionslehrers anzuwohnen.
20. „ (Anhalt.) Landtag: lehnt den Verkauf des Salzwerkes Leopolds-
hall an ein Berliner Consortium ab.
Die öffentliche Meinung des Ländchens spricht sich darüber sehr befriedigt
aus: „Wir haben nun die Gewißheit, daß wir im relativ reichsten deutschen
Lande wohnen. Trotzdem daß unser Fürstenhaus durch die Domänenausein-
andersetzung reich ausgestattet ist, daß unser Herzog binnen kurzem ein freies
Einkommen von 400,000—500,000 Thlrn. beziehen wird, bleibt uns durch
unser Salzbergwerk eine so kolossale Jahreseinnahme, daß sich die Staatsre-
gierung auf eine Steuererhebung von noch nicht 15 Sgr. pro Kopf beschränken
und dabei jährlich eine sehr bedeutende Summe als Reservefonds zurücklegen
kann. Wenn alles gut geht, werden wir in noch nicht 10 Jahren den Preis
baar haben, den uns das Berliner Consortium geboten hat. Daneben bleibt
uns das Salzwerk, und wir müssen dann wohl oder übel anfangen, die Re-
venuen baar zu vertheilen. Inzwischen bleibt es bei der obgedachten niedrigen