Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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                     Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
als die früheren Bestimmungen. Bei den früheren Verhandlungen ist nament- 
lich das Gegenstand des Streites zwischen den verschiedenen Parteien und der 
Regierung gewesen: wo, wenn die erste Instanz, der Kreisausschuß, entschieden 
hat, die Berufung hingehen solle; es fand ein gewisses Widerstreben dagegen 
statt, diese Berufung an die bestehende höhere Administrationsbehörde gehen 
zu lassen; es wurde der Richter eingeschoben, welchem Vorschlage seitens der 
Regierung nicht zugestimmt werden konnte. Die Regierung glaubt ein Aus- 
kunftsmittel gefunden zu haben, welches vielleicht die Wünsche aller Parteien 
befriedigen wird. Durch das Ausführungsgesetz zu dem Gesetz über das 
Armenwesen haben wir eine Institution geschaffen, welche, wenn sie auch in 
ihrer Wirksamkeit augenblicklich noch nicht zu übersehen ist, doch keinen Grund 
zu der Befürchtung bietet, daß sie sich nicht bewähren wird: es sind dies die 
Heimathsdeputationen. Wir schlagen Ihnen vor, an diese Heimathsdeputationen 
anzuknüpfen und sie als zweite Instanz für die Kreisausschüsse in denjenigen 
Angelegenheiten hinzustellen, welche man mit dem Namen von Verwaltungs- 
streitigkeiten bezeichnen kann, jedoch in einer etwas veränderten Form, mit 
Rücksicht darauf, daß sie für diese Zwecke an und für sich schon etwas zu klein 
sein würden, und daß die Auswahl der Personen, die jetzt in den Heimaths- 
deputationen sitzen, wesentlich im Hinblick darauf getroffen ist, daß sie über 
Armensachen entscheiden sollen. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, aus den 
Heimathsdeputationen Deputationen zur Entscheidung von Verwaltungsstreitig- 
keiten zu constituiren, zum Vorsitzenden in diesen Deputationen, so oft sie sich 
mit solchen Streitigkeiten zu beschäftigen haben, den Regierungspräsidenten 
oder dessen Stellvertreter zu setzen und das stellvertretende richterliche Mitglied 
mit in die Deputation zu berufen, so daß auf diese Art die Deputation, wenn 
sie für Verwaltungsstreitigkeiten zusammentritt, aus 7 Mitgliedern besteht. 
Der Gesetzentwurf läßt nach dieser Richtung hin keine Lücke, auch wenn man 
die Frage nach dem obersten Verwaltungsgerichtshof auswürfe, der nothwendig 
dazu gehört, um das System zum Abschluß zu bringen. Wir schlagen Ihnen 
in der Vorlage vor: alle diejenigen Sachen, welche dem Kreisausschuß und in 
zweiter Instanz der Deputation zugewiesen sind, mit dem Spruche dieser endigen 
zu lassen, und es bleibt nur eine Schwierigkeit übrig, die großen Städte, 
welche einen Kreis für sich bilden. In dieser Beziehung schlagen wir Ihnen 
vor, einstweilen das ganze Institut des Kreisausschusses, ohnehin für Städte 
schwer durchführbar, für diese bis dahin beruhen zu lassen, wo ein oberster 
Verwaltungsgerichtshof für die ganze Monarchie hergestellt sein wird. — Es 
bleibt mir noch eine kurze Bemerkung über diejenigen Paragraphen übrig, die 
von dem Recht der Besteuerung der Kreis-Insassen handeln. Es wird darin 
noch der Schlacht- und Mahlsteuer Erwähnung gethan; ich konnte diese Be- 
zeichnung der Steuer im Gesetzentwurf nicht umgehen, weil ich das Schicksal 
des Steuergesetzes noch nicht kenne. Auch sind in Bezug auf die sonstige Be- 
steuerung des Kreises Bestimmungen ausfgenommen worden, die vielleicht auf 
den ersten Blick etwas mager erscheinen werden; es liegt dies aber darin, daß 
die Regierung damit beschäftigt ist, ein allgemeines Gesetz über das Recht der 
Besteuerung der Communen in Bezug auf Forensen und juristische Personen 
zur Berathung zu stellen; dasselbe ist jedoch noch nicht so weit gediehen, daß 
die von der Staatsregierung vereinbarten Grundsätze schon in diesen Entwurf 
hätten aufgenommen werden können. Man hat sich deshalb darauf beschränkt, 
nur diejenigen Bestimmungen aufzunehmen, über die principielles Einverständ- 
niß zwischen der Staatsregierung und dem Landtage vorauszusetzen ist, vor- 
behaltlich der Modificationen, welche das allgemeine Besteuerungsgesetz nach 
dieser Richtung hin nothwendig machen sollte." 
21. Dec. (Sachsen.) II. Kammer: Die Regierung legt derselben den Ent- 
wurf eines Gesetzes betr. Reform der Steuergesetzgebung vor, der die 
Ertragssteuer neben der bisherigen Grundsteuer einführt.
	        
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