Oesterreich-Angarn. 261
Am Abend kommt aber doch noch durch Vermittlung des Reichs-
finanzministers Graf Lonyay die Verständigung auf der zuerst ange-
nommenen Grundlage zu Stande.
Demgemäß versteht sich die österr. Delegation gegenüber den ursprüng-
lich bewilligten Summen zu einem Mehr von ungefähr 6 Millionen; die
Ungarn ihrerseits lassen sich zu einem Abstrich von 14 ½ Millionen herbei.
Die Reichsrathsdelegation insbesondere votirt gegen ihren ersten Beschluß eine
Million für die Territorialdivisionen. Die für die Landwehr eingestellten
Summen werden gestrichen; nur bezüglich der Post „Anschaffung von 400
Kanonen für die Ausrüstung der Landwehr im Kriegsfalle“ wird ein Aus-
weg acceptirt. Man stellt nämlich unter dem Titel „Reservekriegsvorrath von
Kanonen für die gemeinsame Armee“ 2 Millionen ein.
6. Febr. Schluß der Session der Delegationen. Der Kaiser hat die Be-
schlüsse derselben bereits genehmigt.
7. „ (Oesterreich.) Die offiz. Wiener Ztg. überrascht die öffentliche
Meinung durch eine Reihe kaiserlicher Handschreiben, welche das Mini-
sterium Potozki endlich in aller Form entlassen und ein neues, voll-
ständig außerparlamentarisches Ministerium Hohenwart einsetzen. Das
neue Ministerium erscheint als ein aus der eigensten Initiative des
Kaisers hervorgegangenes.
Keinem der Mitglieder des abgetretenen Ministeriums Potozki wird, wie
sonst gewöhnlich, eine Ordenauszeichnung zu Theil, doch sind die Enthebungs-
schreiben durchweg in der anerkennendsten und gnädigsten Form gehalten. Die
Ueberraschung, die mit der Ernennung des neuen Cabinets selbst den sonst
Bestunterrichteten bereitet wird, ist eine ganz außerordentliche; niemals wurde
noch bei einer Staatsaction das Geheimniß in so minutiöser Weise gewahrt.
Kein Mensch außer den Betheiligten hatte, bevor die amtliche Publikation er-
folgte, von der bereits fertigen Schöpfung auch nur eine Ahnung gehabt.
Als Einleitung zu der Staatsaction hatte der Kaiser unter dem 4. Febr.
von Ofen aus folgendes Handschreiben an den Grafen Hohenwart
gerichtet. „Lieber Graf Hohenwart! Indem Ich Mein gesammtes Mini-
sterium für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder über seine
Bitte von seinen Functionen enthebe, ernenne Ich Sie zu Meinem Minister
des Innern, und beauftrage Sie, Mir zur Neubildung des Ministeriums für
die genannten Königreiche und Länder die weiters erforderlichen Anträge zu
erstatten. Auf dem Boden der von Mir gegebenen Verfassung stehend, kann
Mich die Erfolglosigkeit der bisherigen Bemühungen alle Meine treuen Völker
dieser Reichshälfte zu gemeinsamer verfassungsmäßiger Thätigkeit zu vereini-
gen, nicht wankend machen in der Ueberzeugung, daß es einem über den
Parteien stehenden Ministerium gelingen wird, im Wege sorgfältiger
Beachtung der verschiedenen Interessen diese Aufgabe zur festen Begründung
der Macht und Wohlfahrt des Reiches ihrer ersehnten Lösung zuzuführen.
Ich gewärtige daher, daß Sie Ihren Anträgen diese meine Ueberzeugung zu
Grunde legen werden.“ Die weiteren Handschreiben sind vom 6. Februar
datirt und ernennen den Dr. Habietinek (bisher Professor des Civilrechts an
der Wiener Universität) zum Justizminister, den Ministerialrath Jirecek
zum Minister für Cultus und Unterricht, den Generalmajor Scholl (vom
Geniestab, Abtheilungschef im Reichskriegsministerium) zum Landesvertheidi-
gungs-Minister, und den Universitätsprofessor Dr. Schäffle zum Handels-
minister und zeitweiligen Leiter des Ackerbau-Ministeriums; endlich wird Frhr.
v. Holzgethan, das einzige Mitglied des Ministeriums Potozki, welches
in die neue Combination übergeht, in der Stellung als Finanzminister be-
stätigt. Kein einziges Mitglied des neuen Kabinets gehört dem Herrenhause