Oesterreich-Angarn. 293
ordneten den Landtag wegen Zuerkennung des Wahlrechtes an drei Domcapi-
tulare (durch welche allein die feudal-klerikale Wahl im Großgrundbesitz zu
Stande kam) und wegen der oktroyirten Ausdehnung des Wahlrechtes durch
Einrechnung der Steuerzuschläge nicht für legal gewählt halten könnten, ihm
daher auch das Recht zur Wahlprüfung absprechen müßten und bis zur Be-
hebung der Illegalität den Landtagssaal nicht betreten würden. Der Landes-
ausschuß (welcher noch von dem letzten — in der Mehrheit verfassungstreuen
— Landtag eingesetzt worden) verweigert die Uebergabe der Geschäfte an den
neuen, durch einen illegalen Landtag zu berufenden Landesausschuß.
Im schlesischen Landtag beanspruchen Dr. Kottek und Abgeordneter
Cinciala, das Angelöbniß in böhmischer, resp. polnischer Sprache zu leisten.
Hierüber lebhafte Debatte. Der Landtag beschließt, daß die deutsche Sprache
als jene des Landtages erklärt werde.
Im Landtag von Salzburg erklärt der Landespräsident, Fürst Adolph
Auersperg unter stürmischem Beifall: „deutsche Treue für den Kaiser und Fest-
halten an Reich und Verfassung, das sei des Salzburgers historisch-politische
Individualität."
16. Sept. (Oesterreich: Böhmen.) Landtag: Die deutsche Minorität, die
in der ersten Eröffnungssitzung noch erschienen war, erklärt in einer
Denkschrift an den Oberstlandmarschall (aus der Feder Hasner's), an
den Verhandlungen und Beschlüssen des Landtags nach dem kgl.
Rescript und seinen weittragenden Folgen keinen Antheil mehr nehmen
zu können.
Der Grund dieser Entferung liegt in jenen Stellen des königl. Rescriptes
vom 12. d. M., welche das Staatsrecht des Königreichs Böhmen anerkennen,
und ausdrücklich der Verfassung der „übrigen Königreiche und Länder“" gegen-
überstellen, so daß diese Verfassung für Böhmen nicht mehr zu existiren scheint,
womit aber zugleich auch dem derzeitigen böhmischen Landtage jede rechtliche
Basis entzogen ist. Die Denkschrift der deutschen Minorität führt
dieß des weitern aus und schließt dahin: „Nach dem Geiste des k. Rescriptes
erscheint der derzeit tagende Landtag unläugbar als ein von der Grundlage
der bestehenden Verfassung losgelöster constituirender Landtag. An
einem solchen können wir mit Hinblick auf die gesetzliche Grundlage des von
unsern Wählern erhaltenen Mandates, in gewissenhafter Heilighaltung des
von uns auf das bestehende Verfassungsrecht abgelegten Gelöbnisses, endlich
in Beobachtung der uns obliegenden Pflicht, der von uns vertretenen Bevölke-
rung an den durch die Staatsgrundgesetze erworbenen Rechten nichts zu ver-
geben, keinen Theil nehmen. Wir müssen uns aber auch dadurch, daß die
Regierung eine so unhaltbare Grundlage zum Ausgangspunkt ihrer
Action nimmt, zu der Besorgniß berechtigt halten, daß dieselbe in diese
falsche Bahn durch die Tendenz getrieben wird, die Schranken der Verfassung
zu Gunsten einer Politik zu durchbrechen, deren staatsrechtliche Grundlagen
wiederholt als in der Geschichte nicht begründet nachgewiesen worden sind, und
welche wir nimmermehr anzuerkennen vermögen; einer Politik, durch welche
der nationale Zusammenhang der Deutschen in Oesterreich zerrissen werden
soll; einer Politik endlich, welche durch eine staatliche Sonderstellung des Landes
die Kraft des Reiches und durch Störung des nationalen Gleichgewichts den
Frieden und die Wohlfahrt des Landes gefährdet. Wir können und werden
einer Politik nicht die Hand bieten, welche mit unsern gut österreichischen Ueber-
zeugungen, mit unsern nationalen Gefühlen und Interessen, mit unseren heilig-
sten Pflichten im Widerspruche steht. Deßhalb sehen wir uns zu der Erklärung
genöthigt, daß wir an den ferneren Verhandlungen des Landtags nicht theil-
zunehmen vermögen, und legen insbesondere im Namen der von uns ver-
tretenen Bevölkerung gegen alle Beschlüsse desselben Verwahrung ein, welche