Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

Oesterreich-Angarn. 307 
beseitigenden Reichsrathe, sondern directe von den 17 Landtagen vorgenommen 
werden sollen, wobei auf Böhmen 17 Delegirte fallen würden). Artikel 9. 
Alle das Königreich Böhmen betreffenden Angelegenheiten, welche nicht als 
allen Königreichen und Ländern der Monarchie gemeinsam (Artikel 1) erklärt 
sind, gehören grundsätzlich der Gesetzgebung des böhmischen Landtages, be- 
ziehungsweise der Verwaltung der böhmischen Landesregierung an. Artikel 10. 
Weil es aber außer den als der ganzen Monarchie gemeinsam erklärten An- 
gelegenheiten noch solche gibt, deren gemeinschaftliche Behandlung im Interesse 
der Monarchie und im Interesse der Königreiche und Länder selbst rathsam 
und wünschenswerth ist, übrigens auch in dem von dem Königreiche Böhmen 
angenommenen Uebereinkommen mit dem Königreiche Ungarn gewisse Gegen- 
stände als solche bezeichnet worden sind, welche zwar nicht gemeinsam, doch nach 
gleichen, von Zeit zu Zeit zu vereinbarenden Grundsätzen verwaltet werden 
sollen, so erkennt der Landtag das Bedürfniß an, für die Behandlung solcher 
Angelegenheiten eine Vorsorge zu tragen. Artikel 11. Als solche Ange- 
legenheiten werden erklärt: 1. Die commerziellen Angelegenheiten, speciell die 
Zollgesetzgebung, die Gesetzgebung über Handels-, See= und Wechselrecht, über 
Maß und Gewicht und Erfindungspatente, über Marken= und Musterschutz, 
über den Schutz des geistigen Eigenthums, dann über Zettelbanken, insolange 
diese in der ganzen Monarchie nach gleichen Grundsätzen behandelt werden. 
2. Die Gesetzgebung über die mit der industriellen Production in enger Ver- 
bindung stehenden indirecten Abgaben, dann über Monopole, Negalien und 
Über Stempel und Gebühren. Die Gesetzgebung über Stempel und Gebühren 
darf jedoch das Gesetzgebungsrecht des Landtages in Justiz-Angelegenheiten 
weder beirren noch beeinträchtigen. 3. Die Feststellung des Münzwesens und 
des Geldfußes. 4. Die Verfügungen bezüglich jener Communicationsanstalten 
(Eisenbahnen, Post, Telegraphen, Schifffahrt), von welchen durch den für diese 
gemeinsamen Angelegenheiten zu bestellenden Vertretungskörper erkannt wird, 
welche das Interesse der ganzen Monarchie oder mehrerer Länder derselben 
berühren, oder welche mehrere Länder-Verwaltungsgebiete verbinden. Ferner 
die Gesetzgebung und Verwaltung über Telegraphen-, Post-, Eisenbahn= und 
Schifffahrtwesen, soweit sich dieselbe auf die oben angeführten gemeinsamen 
Communicationsanstalten und deren Betrieb bezieht, dann sofern die Fest- 
haltung gleicher Grundsätze in Bezug auf den Betrieb von Communications- 
Mitteln zu dem Zwecke nothwendig ist, um deren gleichmäßige, den militäri- 
schen und commerciellen Bedürfnissen, sowie den Anforderungen der Sicherheits- 
Polizei entsprechende Benützung allseitig zu gewährleisten. 5. Die Feststellung 
des Wehrsystems, ferner jene Angelegenheiten, welche sich auf die Art und 
Weise, sowie auf die Ordnung und Dauer der Militärpflicht beziehen, insbe- 
sondere die wiederkehrende Bewilligung der Anzahl der auszuhebenden Mann- 
schaft für das stehende Heer und die Ersatzreserve unter Festhaltung des Maß- 
stabes der Bevölkerungsziffer bei deren Auftheilung; in Bezug auf Vorspanns- 
leistung, Verpflegung und Einquartierung des Heeres und der dafür aus dem 
Militärärar zu leistenden Vergütung; endlich alle jene Gesetze, welche zur Er- 
haltung der Einheit und Schlagfertigkeit des Heeres erforderlich sind, als: 
die Gesetze über die Evidenzhaltung der Urlauber und Reservisten, über die 
Versorgung der Unteroffiziere, über Pferde-Conseription, das Militärstraf- 
gesetz u. s. w. Wenn es sich um Aenderung in dem Maßstabe der Auftheilung 
der auszuhebenden Mannschaft handeln sollte, so ist hiezu die Zustimmung des 
Landes nothwendig. Welche die Landwehr betreffenden Angelegenheiten der 
Gesetzgebung oder Verwaltung des Landes vorbehalten werden sollen, wird 
weiterer Regelung vorbehalten. 6. Im Bereiche der Finanzen: a) in das 
Staatsschuldwesen, namentlich die Gebahrung und Controle des bestehenden 
Uebereinkommens mit dem Königreiche Ungarn, ferner die Zustimmung zur 
Contrahirung eines neuen Anlehens in jenen Fällen, in welchen es sich, in 
Durchführung des mit dem Königreiche Ungarn bestehenden Uebereinkommens, 
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