Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

Oesterreich-Angarn. 319 
Nach den einleitenden Sätzen heißt es: „Sowohl Eurer kaiserlichen und 
königlichen Apostolischen Mojestät huldvolles Rescript vom 12. September 
d. J. an den böhmischen Landtag, als auch dessen Fundamental-Artikel 
wurden in diesem Herzogthume als ein Unterpfand, daß der Ausgleich ge- 
lingen werde, auf das freudigste begrüßt. Der treugehorsamste Landtag ist 
der hoffnungsvollen Ueberzeugung, daß in der gleichmäßigen Anwendung dieser 
Fundamental-Artikel auf die gleichberechtigten Königreiche und Länder und 
unter gewissenhafter Rücksichtnahme auf deren verschiedene materielle 
Leistungsfähigkeit die Basis einer alle Theile befriedigenden, die Kraft 
der Monarchie stärkenden Gestaltung des öffentlichen Rechtes gefunden werden 
wird. Bei der Ausführung dieser hohen Aufgabe kann Eurer Mojestät Re- 
gierung immer auf unsere aufrichtige und volle Unterstützung rechnen — wie 
wir andererseits pflichtgemäß die Interessen unseres Landes mit besonderer 
Berücksichtigung der von Eurer kaiserlichen Majestät wiederholt gnädigst aner- 
kannten Steuer-Ueberbürdung hiebei zu vertreten und zu wahren haben 
werden. Wir beanspruchen für unser Land das in der pragmatischen Sanction 
und im Allerhöchsten Diplome vom 20. October 1860 zuerkannte Selbstbe- 
stimmungsrecht in Bezug auf die Gesetzgebung und Verwaltung, treten aber 
mit Rücksicht auf höhere Bedürfnisse freudig die im 11. böhmischen Funda- 
mental-Artikel verzeichneten Angelegenheiten einem Congresse von Dele- 
girten der Landtage zur gemeinsamen Behandlung ab. Solche Einrich- 
tungen werden gewiß die Befriedigung aller Völker der Monarchie herbeiführen. 
So wie die Deutschen in ihren Rechten ganz unverletzt bleiben sollen, so 
wünschen wir nur, daß auch den übrigen Nationen das gleiche Recht nicht blos 
zugesichert, sondern auch thatsächlich gewährt werde. In dieser Beziehung 
wagen wir allerunterthänigst zu bitten, daß unser slovenischer Volksstamm 
in jenen Ländern, wo er mit Deutschen oder Italienern vereinigt ist, unter 
den Schutz ähnlicher Landesgesetze gestellt werde, wie Eurer Majestät Regierung 
dem böhmischen Landtage vorgelegt hat. Hiedurch werden die unerschütterlich 
treu zu Eurer Majestät Thron stehenden Slovenen wenigstens in ihrer Natio- 
nalität geschützt sein, so lange es Allerhöchstihrer Regierung nicht möglich ist, 
Mittel und Wege zu finden, die von denselben so heißersehnte, in unserer 
allerunterthänigsten Adresse vom 30. August 1870 bereits erbetene Vereini- 
gung in ein administratives und so weit möglich staatsrecht- 
liches Gebiet zu verwirklichen. Kommen die in den Fundamental-Artikeln 
niedergelegten Principien zur praktischen Geltung, so wird es der treugehor- 
samsten Vertretung des Herzogthums Krain gelingen, durch eine den besonderen 
Verhältnissen dieses Landes angemessene, dem Character des Volkes verwandte 
und vom religiös-sittlichen Geiste (der einzig festen Basis alles Volksglückes) 
getragen Gesetzgebung den Frieden der Gemüther herzustellen, den materiellen 
Aufschwung in gewerblicher und landwirthschaftlicher Beziehung zu fördern. 
Es steht zu hoffen, daß es der vom Vertrauen des Landes begleiteten, der 
Landesvertretung im Bereiche der Landesgesetzgebung verantwort- 
lichen Landesregierung gelingen wird, durch genaue Kenntniß von Land 
und Volk Mißverständnissen vorzubeugen, allseitig versöhnend, Gegensätze mil- 
dernd zu wirken. Und gleichwie Eure Majestät in Allerhöchstihrem Reseripte 
die Anerkennung der staatsrechtlichen Bedeutung des Königreiches Böhmen 
durch den Krönungseid zu erneuern huldvollst zugesagt haben, so bittet auch 
das Herzogthum Krain in tiefster Ehrfurcht, es möge Eurer kaiserlichen Maje- 
stät gefallen, durch Entgegennahme der feierlichen Huldigung das alte un- 
mittelbare Verhältniß des Landes zur Krone zu erneuern, sowie auch von 
allen erlauchten Vorfahren Eurer Majestät seit Jahrhunderten jedesmal bei 
Antritt der Regierung durch diesen feierlichen Act der Bund der Treue des 
Landes gegen den Fürsten und der Huld des Fürsten gegen das Land bekräftigt 
und die Freiheit und Selbstständigkeit des Landes in seinen althergebrachten 
Rechten bestätigt worden ist. Der obigen Erklärung gemäß wird daher der
	        
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