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Oesterreich-Angarn.
treugehorsamste Landtag zur Förderung und zum Zwecke der von Eurer
Majestät Regierung beabsichtigten, auf dem Boden des Grundgesetzes Über die
Reichsvertretung vom 21. December 1867 durchzuführenden, so sehnlich er-
warteten und so nothwendigen Ausgleichs-Action seine Boten in das Abge-
ordnetenhaus des Reichsrathes entsenden. Ehrerbietigst sprechen wir Eurer
kaiserlichen Majestät zugleich unseren Dank aus für die Genehmigung einer
Vorlage zur Abänderung der so vielfach ungerechten Wahlordnung. Waren
wir zu unserem Bedauern ob der Abwesenheit einiger Landtagsmitglieder auch
nicht in der Lage, diese Vorlage dem vollen Umfange nach unserer Berathung
zu unterziehen, so haben wir doch mit Benützung derselben die wesentlichen
Gebrechen unseres Wahlstatuts durch einige Gesetzentwürfe zu beseitigen
zowtc um deren allergnädigste Sanctionirung wir Euere Majestät ehrfurchts-
vollst bitten."“
14. Oct. (Oesterreich.) Die meisten Landtage haben bereits ihre Session
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geschlossen. Um über die Antwort auf die Adresse des böhmischen
Landtags definitiv schlüssig zu werden, kommt der Kaiser aus Ischl
nach Wien. Der Reichskanzler Graf Beust hat dem Kaiser eine Denk-
schrift nach Ischl gesandt, in welcher diejenigen Punkte der böhmisch-
czechischen Fundamentalartikel bezeichnet werden, mit deren Annahme
Seitens der Krone er seine seither befolgte und sowohl vom Kaiser
als von den beiden Delegationen gebilligte äußere Politik nicht in
Einklang zu bringen vermöge. Der Kaiser lehnt deßhalb die Geneh-
migung der vom Ministerium entworfenen Antwort auf die böhmische
Adresse vorläufig ab.
„ (Oesterreich.) Die Altkatholiken in Wien beginnen ihren öffent-
lichen Gottesdienst in der ihnen vom Gemeinderathe dazu eingeräumten
Salvatorcapelle abzuhalten. Ein Gesuch des Kardinal-Erzbischofs von
Wien an die Regierung, dagegen einzuschreiten, wird von dieser ab-
gelehnt, da die „Frage unzweifelhaft innerkirchlicher Natur ist und
sohin nach der bestehenden Gesetzgebung der Ingerenz der Staatsver-
waltung sich entzieht.“
„ (Oesterreich.) Der ungarische Ministerpräsident Graf Andrassy
wird telegraphisch nach Wien berufen, um auch seine Meinung in der
Frage der kais. Antwort auf die Forderungen des böhmischen Landtags
abzugeben.
„ (Oesterreich: Böhmen.) Das deutschgeschriebene Czechenblatt
„Politik“ erklärt:
„Hohenwart unterhandelte mit den czechischen Führern Namens der
Krone. Im Ganzen und Einzelnen wurden die Ausgleichsbestimmungen
berathen, beschlossen und durch Wort und Schrift bekräftigt. Die der böh-
mischen Adresse beigeschlossenen Fundamental-Artikel sind
das Ergebniß der mit den obersten Staatsfactoren getroffenen
Vereinbarungen. Wir können noch nicht glauben, daß man versuchen
wird, die Ausgleichsbestimmungen zu ändern; aber Eines ist gewiß: von
unserer Seite ist das Feilschen zu Ende, das Volk gewinnt allmählich die
Ueberzeugung, daß man sich in kein Paktiren einlassen kann, wo da der Wille,
dort die Kraft fehlt, für das gegebene Wort einzustehen.“ Der „Pokrok“
(Organ Rieger's) sagt: „Unserem Volke können wir jetzt nur Geduld empfehlen,
Beruhigung vermögen wir ihm nicht zu geben. Feierlich erklären wir jedoch,